Im Rahmen der interkulturellen Wochen ließen sich die Sprachschüler auf eine Führung in der Kunsthalle zu den Videoinstallationen von Alexandra Ranner ein. Und diese begann mit einem spielerischen Vokabeltest.

Göppingen - Die Kunst und die deutsche Sprache bringen zumindest eines gemeinsam mit, zumindest für manche Teilnehmer des Integrationskurses an der Göppinger Volkshochschule, nämlich Verständnisschwierigkeiten. So wäre wohl auch kaum einer der Sprachschüler aus Rumänien, Mazedonien, Afghanistan, den Philippinen, Russland, Polen oder Ukraine von allein auf die Idee gekommen, eine Führung in der jüngsten Ausstellung des Göppinger Kunstvereins zu besuchen. Zumal sich die Videoinstallationen der Berliner Künstlerin Alexandra Ranner auch ohne Sprachprobleme dem geneigten Betrachter nur schwer erschließen.

 

Vokabeltest mit Wörterbuch

Im Rahmen der interkulturellen Wochen jedoch wollten sich die Sprachschüler und auch die Kunstvermittler der Kunsthalle am Donnerstag auf das Experiment einlassen. Und das begann mit einem spielerischen Vokabeltest. An die schon fortgeschrittenen Deutschschüler wurden von den beiden Führerinnen Birgit Kulmer und Katia Fazio Worte auf Zetteln verteilt, Begriffe wie Doppelgänger, Seele, unheimlich, Distanz, die für die Ausstellung eine Rolle spielen. Sie mussten erst einmal erklärt werden. Der eine oder andere Schüler blätterte dazu eifrig sein mitgebrachtes Wörterbuch und auch die Kursleiterin Janna Leichnitz-Tsoy bemühte immer wieder diverse Übersetzungsprogramme auf ihrem Smartphone. Vor allem beim Wort Seele, einem Ausdruck, der in den unterschieldichen Kulturen durchaus ganz Unterschiedliches beinhaltet, strauchelte die Gruppe.

Kunst ruft Stirnrunzeln hervor

In der Ausstellung fanden die Teilnehmer der internationalen Führung dann aber doch bald viele Begriffe wieder. Einfach macht es die Künstlerin den Betrachtern ihrer Installationen allerdings nicht gerade. Und so war an diesem Vormittag nicht immer ganz klar, ob es die mangelende Sprachkenntnis oder die Kunst an sich ist, die bei den Besuchern ein Stirnrunzlen hervorruft.

Ranners Videos verstören. Da treibt in einem Film ein Kopf in einem Kanal, eine Bach-Kantate singend und um den Tod bittend. Im anderen Video sitzen Doppelgänger regungslos Rücken an Rücken in schweren Fauteuils. Vor dem einen flimmert ein Fernseher. dass der bunt gestreifte Teppich und die Neigung des Raumes, in dem die beiden sitzen, auch eine tieferen Sinn hat, erschließt sich dem Betrachter nur mit Hilfe der Kunstvermittler. Es sei denn man ist derart versiert, dass man die Wirkung der Bilder auf sich selbst darauf zurückschließen kann.

Der Voyeur muss vorgespielt werden

Auf Verständnisprobleme stießen die Kunstvermittler bei einem anderem Film, in dem ein Mann mit einer Puppe tanzt. Die Perspektive der Kamera gleicht derjenigen eines Voyeurs. Voyeur, ein schwieriges Wort zu dem nicht einmal Katia Fazio, die als Kunsthistorikerin aus Bologna zurzeit ein Praktikum in Göppingen ausübt, auf Anhieb die italienische Übersetzung einfiel. Also verlegte sich Birgit Kulmer auf Pantomime und stellte szenisch dar, wie man durchs Schlüsselloch spickelt, woraufhin ihr ein vielstimmiges verstehendes „Ahja“ entgegenschallte. Das Stirnrunzeln bleibt allerdings.

Kopfkino trifft jeden

„Ich verstehe diese Kunst nicht“, gab bei einer abschließenden Gesprächsrunde eine der Teilnehmerinnen der „Führung für Sprachanfänger“ unumwunden zu. Diana Waltrich aus Rumänien fand die Einführung verständlich, gut gemacht und interessant. „Aber die Ausstellung ist nichts für mich“, sagte sie. Immerhin wollte sie nicht ausschließen, die Kunsthalle erneut zu besuchen, vielleicht zur Chagall-Ausstellung im Winter. Andere wiederum schienen den Intentionen der Künstlerin auf die Spur gekommen zu sein. „Es geht um Zustände unserer Seele und was bei uns dann im Kopf abläuft“, meinte ein Teilnehmer.

Birgit Kulmer und Katia Fazio waren am Ende ebenfalls ganz zufrieden mit der Premiere. Die Ausstellung biete zwar keinen leichten Zugang, aber sie rühre ans Innerste und sei vielleicht gerade deshalb auch für Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen gut geeignet, meinten sie.