Den interkulturellen Garten in Filderstadt-Sielmingen gibt es seit zehn Jahren. In der Corona-Krise erhält das Integrationsprojekt unter freiem Himmel eine ganz neue Relevanz.

Filderstadt - Rechts Geometrie, links Laissez-faire. Kein Beet gleicht dem anderen. Hier sprießt Grünkohl, dort Unkraut. Die einen haben einen akkuraten Minizaun mit weißen Bögen gezogen, die anderen setzen auf Natürlichkeit. Die einen geben sich mit heimischem Gemüse zufrieden, andere züchten Topinambur. Diese Vielfalt ist aber ausdrücklich gewünscht. Die Parzellen im interkulturellen Garten in Sielmingen sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sie bewirtschaften. Italiener, Deutsche, Türken und Ukrainer buddeln und harken hier, Menschen aus Afrika und Asien.

 

Unter dem Motto „Integration muss wachsen“ hat sich vor zehn Jahren der Verein „Freunde des interkulturellen Gartens Filderstadt“ gegründet. Auf einem von der Stadt gepachteten Areal hinter der Pestalozzischule beackern seither die Mitglieder ihre Stückle. Von 30 Mitstreitern berichtet Rosemarie Gädeke, die stellvertretende Vorsitzende.

Gemeinsam arbeiten und Spaß haben

Auch die Schulkinder von nebenan bestellen gemeinsam mit der Kunstschule ein Eckchen. Neben den individuellen Beeten gibt es Sitzgruppen und Häuschen für alle, ebenso wie Gemeinschaftsflächen mit Himbeeren, Rosen und einem kleinen Apfelbäumchen. „Wir feiern hier auch Sommerpartys und Geburtstage. Da wird feste gegrillt“, sagt Rosemarie Gädeke.

Gemeinsam wird aber nicht nur Spaß gemacht, sondern auch geschafft. Die Apothekerin und Stadträtin aus Bonlanden zeigt auf eine Pergola. Die hätten Mitglieder gemeinsam gebaut. Auch Zäune oder der Gehölzschnitt seien Gemeinschaftsaufgaben.

In der Corona-Krise, in der kaum mehr etwas außer Bewegung im Freien erlaubt ist, erhält der Garten eine neue Relevanz. Vor allem für jene, die nur eine kleine Wohnung haben, sei das Fleckchen im Grünen „ideal, da kann man sich austoben“, sagt Rosemarie Gädeke. Der kleine Spielplatz, der zur Schule gehört und vom Verein genutzt werden darf, ist zwar aktuell gesperrt, doch der Garten an sich, der ist jederzeit und für jeden offen, auch für Nicht-Mitglieder. Rosemarie Gädeke lässt ihren Blick vom fernen Stuttgarter Fernsehturm zum unweit entfernten Sielminger Kirchturm schweifen. „Man darf sich hier auch mal mit einem Buch hersetzen“, betont sie.

Vielerorts gibt es Mietäcker

Doch auch schon vor der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus war Urban Gardening in den Ballungsräumen in. Mietäcker etwa boomen. Etliche überregionale Anbieter kooperieren mit hiesigen Bauern. Der Landwirt Klaus Wais aus Stuttgart-Riedenberg etwa vermietet über das Portal Ackerhelden bepflanzte Gartenstreifen, auf denen selbst Ungeübte Ernte-Erfolgserlebnisse haben sollen. Für die neue Saison sind nur noch wenige Mini-Gärtchen verfügbar.

Auch die „Freunde des interkulturellen Gartens Filderstadt“ haben Zulauf. Wer eine Parzelle bewirtschaften will, muss sich in eine Warteliste eintragen. Mitglied könne man jedoch unabhängig davon werden, und auch das lohne sich, wie Rosemarie Gädeke betont. „Hier bilden sich auch Freundschaften, durchaus.“