Die Stadt am Kappelberg wurde unter 40 Bewerbern als eine von sechs Modellkommunen ausgewählt. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 2027 soll erforscht werden, wie mit innovativen Ideen innerstädtische Grünräume geschaffen und gestärkt werden können.

Fellbach - Über mangelnden Zuspruch braucht sich Fellbach in diesen Tagen nicht zu beklagen. Die Stadt am Fuße des Kappelbergs sammelt geradezu Belobigungen, Auszeichnungen und, noch besser, satte Unterstützungszahlungen. Beim 1,8 Millionen Euro umfassenden Forschungsschwerpunkt „Inspire“ zur Förderung innovativer Ideen bei der Stadtplanung gehört Fellbach neben der Bundeshauptstadt Berlin zu den ausgewählten Kommunen.

 

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Jetzt folgt der nächste Streich. Mit dem Projekt „Agriculture meets Manufacturing“ im Zuge der Internationalen Bauausstellung 2027 in der Stadtregion Stuttgart ist die Stadt Fellbach einmal mehr bundesweit ganz vorne mit dabei, indem sie als eines von sechs „Green Urban Labs II“ in ganz Deutschland ausgewählt wurde. 40 Städte hatten sich um eine Teilnahme beworben. Die sechs erfolgreichen Kommunen sind Aachen, Dresden, Ingolstadt, Karlsruhe, Saarbrücken – und als einzige „Nicht-Großstadt“ Fellbach. Alle diese Teilnehmer sollen innovative Ansätze erproben, um innerstädtisches Grün zu stärken und ihre Grün- und Freiräume zu entwickeln.

Das Motto lautet „Landwirtschaft trifft Industrie“

Die Macher der Bauausstellung (abgekürzt IBA’27) übersetzen den englischsprachigen Titel des Fellbacher Projekts, also „Manufacturing meets Agriculture“, mit „Landwirtschaft trifft Industrie“. Ziel ist es, eine ganzheitliche Zukunftsperspektive für die benachbarten Produktionsbereiche Landwirtschaft und Gewerbe zu entwickeln. Diese Fragestellung, die bisher offenkundig wenig bis gar nicht thematisiert wurde, befanden auch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) für erfolgversprechend und zukunftsweisend. Deshalb wählte die Jury Fellbach jetzt als eines von sechs „Green Urban Labs II“ aus. „Lab“ ist wohl als Abkürzung für Laboratorium zu verstehen, die römische II deutet darauf hin, dass es bereits eine erste Projektrunde gegeben hat.

Die Projektbeschreibung des BBSR bietet einige Erklärungen: „Grün beeinflusst die Lebensqualität in unseren Städten stark. Grüne Freiräume übernehmen vielfältige soziale, gesundheitliche, wirtschaftliche, klimatische und ökologische Funktionen. Aber Städte befinden sich in stetem Wandel: Leben, Wohnen, Arbeit und Freizeit verändern sich, Wachstum und Schrumpfung setzen widersprüchliche Rahmenbedingungen.“ Das wirke sich auch auf grüne Freiräume aus. Daraus leitet das BBSR eine Reihe von Fragen ab: Wie lässt sich urbanes Grün sichern, pflegen und entwickeln? Wie sehen neue Nutzungen und Funktionen des Stadtgrüns aus? Welche Partner müssen hierfür zusammenarbeiten? Kommunen sollen in Modellvorhaben – den Green Urban Labs – neue Wege erproben, um urbanes Grün zu stärken.

Dresden will einen alten Friedhof zum Park machen

Die sechs ausgewählten Kommunen gehen dabei unterschiedliche Wege. Dresden will einen Teil eines alten Friedhofes zu einem Stadtteilpark entwickeln. Aachen will das Areal eines innerstädtischen Parkhauses zu einer Grün- und Freifläche umwandeln. Saarbrücken will Regenwasser im Straßenraum speichern und sensorgestützt zur Bewässerung der Straßenbäume einsetzen.

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Und in Fellbach? Da geht es im Grundsatz um die Frage, wie Landwirtschaft, Gewerbe aber auch Wohnen in einer eng besiedelten Region Hand in Hand gehen können. Übergeordnetes Ziel ist es, eine ganzheitliche Zukunftsperspektive für die benachbarten Produktionsbereiche Landwirtschaft und Gewerbe zu entwickeln. „Das Projekt ist weitreichend“, erklärte Oberbürgermeisterin Gabriele Zull kürzlich, als sie gemeinsam mit IBA’27-Intendant Andreas Hofer zur Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen der Stadt Fellbach und der Bauausstellung im Haus der Rosen an der Stuttgarter Straße den Füllfederhalter zückte. Der Begriff weitreichend ist ebenso thematisch wie auch flächenmäßig zutreffend.

Insgesamt gibt es 300 000 Euro für die sechs Kommunen

„Ein besonderer Fokus bei uns wird auf dem Zusammenspiel der gewerblichen mit den angrenzenden landwirtschaftlichen Produktionsflächen liegen“, erläutert Ulrich Dilger, IBA-Koordinator im Fellbacher Stadtplanungsamt. So soll es eine Machbarkeitsstudie zu Möglichkeiten des „Rooftopfarming“ im IBA-Gebiet geben. Daneben sollen beispielhaft Lösungen für mehr „Grün“ im Gewerbegebiet ausgearbeitet und getestet werden. Auch die „blaue Infrastruktur“ – beispielsweise die Nutzbarmachung von Dach- und Oberflächenwasser für Straßenbäume und landwirtschaftliche Produktion – steht im Fokus. Denn die Landwirtschaft klagt immer öfter über Trockenheit. Und regnet es einmal, fließt das Wasser von den Flachdächern benachbarter Gewerbebetriebe bisher ungenutzt ab.

Das Bundesministerium und das Bundesinstitut fördern die Modellvorhaben in den sechs Kommunen des Wettbewerbs „Green Urban Labs II“ mit insgesamt 300 000 Euro. Das Projekt läuft bis Ende des Jahres 2023.