Die Wahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten Frankreichs ist in Europa und darüber hinaus nahezu überall auf Erleichterung gestoßen. Es bleiben aber auch Skepsis und Furcht – ein Überblick über die Kommentare der internationalen Presse.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Die Wahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten Frankreichs ist in Europa und darüber hinaus nahezu überall auf Erleichterung gestoßen. Es bleiben aber auch Skepsis und Furcht – ein Überblick über die Kommentare der internationalen Presse:

 

„Le Figaro“, Frankreich: „Mit einem unleugbaren Talent hat er es geschafft, von den Fehlern und Schwächen seiner Gegner zu profitieren, aber allen Umfragen nach ist es ihm nicht gelungen, die Menschen hinter seine Person oder sein Programm zu vereinen. Diese Schwäche beeinträchtigt seine Legitimität in keiner Weise, aber sie zeigt eine politische Realität, die nicht leicht zu überwinden sein wird.“

„Libération“, Frankreich: „Am Ende hat ein bestimmtes Freiheitsideal überdauert. Dank dieser Wahl hat man gesehen, dass man dem Aufstieg des Nationalpopulismus widerstehen kann. Eine beispiellose Kampagne hat auf paradoxe Art geendet: ein Land, von dem man sagt, dass es überaltert, nostalgisch, abgeschottet und bitter ist, bringt einen Mann von 39 Jahren und ohne politische Vergangenheit an die Macht, der in Europa verliebt und von der Weite des offenen Meeres fasziniert ist.“

„Die Presse“, Österreich: „Der Strahlemann Macron überdeckt eine unbequeme Wahrheit: Überdurchschnittlich viele Franzosen halten die Globalisierung im Allgemeinen und die EU im Speziellen für Teufelszeug. Der weit verbreitete Wunsch nach einem retropopulistischen Paradies, in dem Milch und Honig fließen und die Zumutungen der Moderne nichts zu suchen haben, geht einher mit einer Erosion des Vertrauens in die Entscheidungsträger“.

Belgisches Lob für Angela Merkel

„De Standaard“, Belgien: „Europa atmet auf. Nach Österreich und den Niederlanden hat nun auch Frankreich sich gegen den Sprung ins Unbekannte entschieden. In Italien tritt Matteo Renzi wieder in Erscheinung und in Deutschland hat Angela Merkel offensichtlich die Dinge unter Kontrolle.“

„Latvijas Avize“, Lettland: Der „alte Kontinent“ wäre durch die Wahl Le Pens noch nicht zugrunde gegangen. Doch die Europäische Union als Organisation könnte Le Pens Politik kaum standhalten (...) Ist Europa gerettet? Ja - aber nur vorübergehend. Denn die Probleme, die zu dem Phänomen Le Pen geführt haben, sind noch nirgendwo hin verschwunden.“

Straits Times“, Singapur: „Mit der schweren Niederlage für Frau Le Pen haben die französischen Wahlen die Annahme widerlegt, dass der Marsch der Nationalisten nicht aufzuhalten ist. Ein Schlüsselland Europas hat sich für einen Politiker entschieden, der an Freihandel, offene Grenzen und eine engere Integration glaubt.“

„De Telegraaf“, Niederlande: „Macron will den stotternden französischen Motor - das Land bleibt schon seit Jahren hinter Deutschland und den Niederlanden zurück - unter anderem durch eine Verkleinerung das Staatsapparats und niedrigere Arbeitgeberabgaben wieder in Schwung bringen. Sollte es ihm gelingen, Frankreich gesünder zu machen, wird davon auch der Rest Europas profitieren“.

Britische Zurückhaltung gegenüber Macron

„Times“, Großbritannien: „Emmanuel Macrons Sieg bei der französischen Präsidentschaftswahl war überzeugend. Doch wenn der Konservative François Fillon die zweite Runde erreicht hätte, wäre Macrons Ergebnis niedriger ausgefallen“. Jedoch muss Macron dem französischen Volk nun zeigen, dass er die Alternative ist, auf die es gewartet hat. Gelingt ihm das nicht, steht Marine Le Pen - oder vielleicht auch ein anderer Le Pen - bereit.“

„The New York Times“, USA: „Die entschiedene Wahl von Emmanuel Macron (...) zum Präsidenten Frankreichs ist eine mächtige Erleichterung für jeden, der Angst gehabt hatte, dass Frankreich das nächste Land werden könnte, das der durch westliche Demokratien schwappenden Welle von Populismus, Nationalismus und Anti-Globalisierung erliegen könnte. Doch so dramatisch und eindrucksvoll sein Sieg ist - vor Herrn Macron liegen beträchtliche Herausforderungen.“

„Neue Zürcher Zeitung“, Schweiz: Allerdings startet Macron als schwacher Präsident, aus persönlichen wie aus institutionellen Gründen. Macrons Zielsetzungen und Überzeugungen scheinen merkwürdig unbestimmt - hat er überhaupt solche, mag man sich fragen. Viele Bürger haben ihn nicht gewählt, weil er sie mit seiner Person und seinem Programm hätte gewinnen können, sondern, weil sie die Gegenkandidatin ablehnten.“