Der Beitritt der Palästinensergebiete zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wird am Mittwoch formal vollzogen. Die möglichen Folgen dieses Schritts bleiben ungewiss. So ist unwahrscheinlich, dass sich Israel in Den Haag verantworten muss.

Den Haag - Ein neues Kapitel im Nahost-Konflikt wird eingeläutet, wenn Palästina, bislang ein Staat auf dem Papier, an diesem Mittwoch offiziell Mitglied beim Internationalen Strafgerichtshof (IstGH) in Den Haag wird. Damit ist der Weg frei, um Klagen gegen Israelis wegen Kriegverbrechen einzureichen. Allzu bald wird die palästinensische Führung von Präsident Mahmud Abbas dies aber kaum wagen. Zumal Israel vor Tagen erst Steuergelder freigegeben hat, die den Palästinensern zustehen, aber von der Regierung Benjamin Netanjahu zur Strafe für ihren vor drei Monaten eingereichten Beitrittsantrag zum IStGH auf Eis lagen.

 

Die Ankläger prüfen ein Verfahren

  Viel hängt von der Voruntersuchung ab, die Fatou Bensouda, die aus Gambia stammende Chefanklägerin in Den Haag, eingeleitet hat. Geprüft wird dabei auch, ob Gaza, das Westjordanland und Ost-Jerusalem überhaupt zum Staatsgebiet Palästina gehören. Falls die ICC-Kammern das bejahen, hätten die Palästinenser einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Eigenstaatlichkeit erreicht.   Weniger leicht, als sich mancher Palästinenser vorstellt, lässt sich juristisch entscheiden, wer im Nahost-Konflikt Täter ist. Während des fünfzigtägigen Gazakriegs im Sommer 2014 kamen mehr als 2200 Palästinenser, viele davon Zivilisten, ums Leben. Das sind dreißig Mal mehr als auf israelischer Seite. Aber völkerrechtlich kommt es nicht auf die Zahl der Toten an. „In jedem bewaffneten Konflikt“, sagt Andreas Zimmermann von der Universität Potsdam, „müssen alle Parteien das humanitäre Völkerrecht einhalten, auch die Verteidiger“ – eine Rolle, die beide Konfliktseiten für sich beanspruchen.

Die Mithilfe Israels wird es nicht geben

  Richtig schwierig dürfte es werden, wenn es um den Nachweis geht, wer in der Befehlskette die Verantwortung trug. Als ICC-Vertragspartner ist Palästina verpflichtet, bei der Aufklärung zu helfen. Aber der militärische Flügel der Hamas lebt abgeschottet im Untergrund. Israel wiederum muss nicht einmal kooperieren, da es das Römische Statut nicht ratifiziert hat. Ohne namentliche Beschuldigte, die sich mit konkreten Angriffen in Verbindung bringen lassen, kann es aber keine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof geben.