Vordergründig scheint es wie ein Katz-und-Maus-Spiel. Doch es geht nicht mehr nur um das Schicksal von Edward Snowden. Der Fall zeigt auch, dass die aufsteigende Weltmacht China der alten Weltmacht USA Grenzen setzt.

Washington - Kurz nach seinem Amtsantritt im Januar 2009 hat US-Präsident Barack Obama eine Politik der ausgestreckten Hand gegenüber dem Ausland angekündigt. Er wollte nicht nur das Verhältnis der USA zur muslimisch-arabischen Welt auf eine neue Basis stellen, sondern auch die Beziehungen zu Russland und China verbessern. Nun zeigt sich, dass das nicht gelungen ist. Eindrücklich belegen das die Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden, seine Flucht von Hongkong nach Moskau und die Reaktionen der Chinesen und Russen darauf.

 

Ein gequältes Lächeln für die Kameras

Obamas Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin während des G-8-Gipfels vor einer Woche in Nordirland war noch von diplomatischer Höflichkeit übertüncht. Beide Präsidenten quälten sich ein Lächeln für die Kameras ab. Ein bisschen freundlicher sah das aus, als Obama den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping vor zwei Wochen in Südkalifornien empfing. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch noch nicht absehbar, dass Snowdens Enthüllungen eine globale Dimension haben. Doch spätestens seit die Chinesen Snowden aus Hongkong abfliegen ließen, ist klar: Putin und Xi lassen Obama im Zweifel auflaufen. Moskau lehnte das US-Begehren ab, Snowden auszuliefern. Und Peking hatte zuvor erklärt, der Antrag, Snowden in die USA zu überstellen, sei unvollständig.

Die chinesische Regierung habe die Gelegenheit genutzt und Snowden ausreisen lassen, um die „heiße Kartoffel“ weiterzureichen, sagte Cheng Li, der in der einflussreichen Washingtoner Denkfabrik Brookings Institution arbeitet. Und tatsächlich lassen die ersten Reaktionen aus den USA auf die Nachricht, dass Snowden in Moskau gelandet ist, diesen Schluss zu. Strobe Talbott, unter Präsident Bill Clinton hoher Diplomat im US-Außenministerium, sagte: „Putin persönlich und seine Regierung haben kein Problem damit, jede Gelegenheit zu nutzen, um die USA zu piesacken.“

Gegen den US-amerikanischen Imperialismus

In diesem Spiel der Großmächte will auch Ecuadors Präsident Rafael Correa seinen Part haben. Er gefällt sich in der Rolle als großer Provokateur der USA. In Reden wettert er immer wieder gegen US-amerikanischen Imperialismus. Wikileaks-Gründer Julian Assange gewährte er Zuflucht in der ecuadorianischen Botschaft in London. Und nun fragt sich die Welt, ob der streitbare Correa nun zum ultimativen Seitenhieb gegen Washington ansetzt. Am Sonntag beantragte Snowden Asyl in dem südamerikanischen Land.

In den USA hat Obamas jüngstes außenpolitisches Problem zu einer seltenen Konstellation geführt. Selbst Republikaner, die für gewöhnlich jede Chance nutzen, um den demokratischen Präsidenten vorzuführen, versammeln sich nun hinter Obama. Der Kongressabgeordnete Peter King, ein geübter Obama-Kritiker, sagte zwar, der Präsident sollte die Spähprogramme des Geheimdienstes NSA aggressiver gegenüber dem Ausland verteidigen, aber er fügte mit Blick auf Russland sogleich hinzu: „Das ist auf jeden Fall ein diplomatischer Schlag gegen den Präsidenten und die USA. Als Amerikaner müssen wird den Präsidenten unterstützen.“