Dass Daimler-Chef Dieter Zetsche beim Grünen-Parteitag spricht, ist für Andreas Schwarz kein Problem. Der Grünen-Fraktionschef sieht darin eine Chance, sich als moderne Partei zu präsentieren.

Stuttgart - Mobilität, Haushalt, Länderfinanzausgleich: Das sind nur einige der Themen, zu denen Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz Stellung bezieht.

 
Herr Schwarz, die Grünenführung hat den Daimlerchef Dieter Zetsche zum Bundesparteitag eingeladen. Hätten Sie das auch getan?
Ich hätte ihn auch eingeladen. Es ist gut, den Dialog mit der Automobilindustrie zu führen. Wir müssen gemeinsam dahin kommen, dass der Klimaschutz beim Verkehr mehr Bedeutung erhält. Elektromobilität kann dabei eine vielversprechende Lösung sein. Wir werden uns mit einer Landesinitiative Elektromobilität III engagieren. Das kann man mit Herrn Zetsche besprechen. Es gibt viele Berührungspunkte.
Steht Baden-Württemberg noch an der Spitze der ökologischen Bewegung? Die Initiative, Verbrennungsmotoren ab 2030 zu verbieten, wird von anderen Ländern getragen. Die Südwest-Grünen treten auf die Bremse.
Das emissionsfreie Auto muss kommen. Je schneller, desto besser. 2030 ist wirklich sehr ambitioniert; ob das der richtige Zeitpunkt ist, werden wir noch diskutieren müssen. Die Automobilindustrie jedenfalls hat die Notwendigkeit des Klimaschutzes erkannt. Das wollen wir unterstützen.
Werden Ihnen die unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Grünen bundesweit vor den nächsten Wahlen Probleme bereiten?
Ich glaube dass es gut ist, wenn die Grünen im Bund ihre Kernkompetenz herausstellen. Gerade im Bereich der Mobilität stehen die Grünen für einen ganzheitlichen Ansatz. Es geht um die Verknüpfung des Autos mit dem Schienen- und dem Radverkehr, um intermodale Verkehrskonzepte, um autonomes Fahren. Da können sich die Grünen als moderne Partei präsentieren.
Was sind denn im Land Ihre Themen? Sie haben vier Monate nach Beginn der Koalition noch nichts vorzuzeigen.
Die Koalition hat geliefert. Wir haben bei den Grundschulen Akzente gesetzt, wir haben die Unwetterhilfen ausgebracht. Ferner haben wir beschlossen, den Haushalt 2017 ohne neue Schulden aufzustellen. Und das schaffen wir, gleichwohl wir in die Zukunft des landes investieren und beispielsweise für die Digitalisierung einen dreistelligen Millionenbetrag zur Verfügung stellen. Unsere Fraktion hat zudem über die Sommerpause ein umfassendes Papier zur inneren Sicherheit verfasst und im September beschlossen.
Die SPD argumentiert, man müsse dank sprudelnder Steuerquellen gar nicht viel sparen. Wie groß ist denn der Spardruck?
Es ist eine Herkulesaufgabe, die strukturellen Ausgaben zu reduzieren. Jedes Ressort muss seinen Haushalt durchforsten. Da sind wir auf einem guten Weg.
Was wollen Sie den Kommunen wegnehmen?
Bei den Kommunen laufen die Verhandlungen noch. Wir müssen das Thema kommunaler Finanzausgleich besprechen und wir müssen darüber reden, welches Geld das Land den Kommunen zusätzlich in einem Pakt für Integration zur Verfügung stellen kann. Wir wollen sie bei der Anschlussunterbringung und der Integration von Flüchtlingen stärker unterstützen. Zur Konsolidierung des Haushalts müssen aber auch die Kommunen ihren Beitrag leisten. Den zusätzlichen Geldbedarf zum Beispiel für die Sanierung von Schulgebäuden oder für Investitionen in den öffentlichen Verkehr sehen wir und müssen wir in Einklang bringen mit der Haushaltskonsolidierung.
Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass der Spardruck künftig sinkt, weil Sie weniger Geld für den Länderfinanzausgleich benötigen?
Ich hoffe sehr, dass die Länder sich mit ihrem Konzept durchsetzen. Das würde uns deutlich entlasten. Die Verhandlungen laufen. Wenn der Bund die Möglichkeit sieht, Steuersenkungen in zweistelliger Milliardenhöhe vorzunehmen, muss er bereit sein, auf die Länder zuzugehen.
Wären Sie bereit, auch etwas zu geben? Die Bundesregierung würde ja gern die Verantwortung für die Bundesstraßen und Autobahnen übernehmen, für die momentan noch die Länder zuständig sind.
Mit unserer Straßenbauverwaltung sind wir sehr effizient. Man müsste sich den Vorschlag des Bundes genau anschauen. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, dass er von Flensburg bis Friedrichshafen das komplette Fernstraßennetz verwaltet. Wenn der Bund aber entsprechende Vorschläge hat, gucken wir uns die an.
Sie sagen also nicht generell Nein dazu, die Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich mit dem Thema Straßenbauverwaltung zu verknüpfen?
Man müsste sich anschauen, wie ein solches Paket konkret aussieht. Wenn es dadurch Bewegung bei den Verhandlungen um die Bund-Länder-Finanzbeziehungen gibt, zeigen wir uns aufgeschlossen.
Der Bundesfinanzminister sieht Spielraum für eine Steuersenkung. Die Debatte der Grünen für die Bundestagswahl klingt aber nach Steuererhöhungen. Laufen Sie in einen Konflikt hinein, denn die Südwest-Grünen sehen Steuererhöhungen ja skeptisch.
Ich wüsste nicht, dass die Bundespartei Steuererhöhungen in großem Stil plant, im Gegenteil. Da wären wir in der Tat sehr skeptisch. Ich meine, dass es in erster Linie um Generationen- und um Teilhabegerechtigkeit gehen sollte. Das bedeutet, dass man Haushalte ohne neue Schulden aufstellt Chancengerechtigkeit schafft. Das machen wir in Baden-Württemberg, indem wir massiv in Bildung und Betreuung investieren.
Vielen Ihrer Parteifreunde geht es um finanzielle Gerechtigkeit, deshalb haben sie die Forderung nach einer Vermögensteuer. Ist das für Sie ausgeschlossen?
Die Vermögensteuer sehe ich persönlich sehr kritisch. Es wird dann schwierig, wenn Familienbetriebe belastet werden. Weil man dann in die Substanz eine Betriebs eingreift und Investitionen behindert. Darüber werden wir auf dem Bundesparteitag im November zu debattieren haben. Ich würde mir wünschen, dass die Grünen stärker die ökologische Modernisierung, also das Zusammenführen von Ökologie und Ökonomie in den Mittelpunkt rücken.