Alexander Bosch, Polizeiexperte bei Amnesty International, fordert eine bessere Abwägung bei Einsätzen. Studien über die Verhältnismäßigkeit von Einsätzen der Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei gibt es nicht. Dabei gibt es immer wieder Fälle, bei denen offenbar überhastet reagiert wird.

Herr Bosch, ein SEK dringt schwer bewaffnet in die Wohnung einer Schwangeren ein. Wie kann es dazu kommen?
Bei uns werden immer wieder Fälle bekannt, bei denen das Sondereinsatzkommando offenbar vorschnell oder falsch gehandelt hat: Es gab sogar Fälle, in denen die falsche Wohnung gestürmt wurde. So etwas passiert vor allem dann, wenn nicht ausreichend Informationen eingeholt wurden oder sehr rasch gehandelt werden muss. Gerade bei Einsätzen, wo bei den Verdächtigen Schusswaffen vermutet werden und der Adrenalinspiegel der Beamten sehr hoch ist.
Heißt das, solche extremen Einsätze sind überhaupt nicht zu verhindern?
Manchmal gäbe es bessere Methoden, die Verdächtigen zu überwältigen. Dazu muss die Polizei aber vorab gründlich recherchieren. Dass eine Verdächtige schwanger ist und sich kleine Kinder in der Wohnung aufhalten, sollte vor einem Einsatz klar sein. Dazu kann man die Verdächtigen observieren. Die Polizei ist verpflichtet, das mildestmögliche Mittel zu wählen.
Wie ist es um die juristische Aufarbeitung solcher Einsätze bestellt?
Wenn Polizisten Gewalt einsetzen, haben es die Betroffenen vor Gericht schwer, zu beweisen, wer die Täter waren, denn die Einsatzkräfte sind maskiert. Deshalb wird schon lange gefordert, die Polizisten anhand ihrer Kleidung identifizierbar zu machen. Die grün-rote Landesregierung hat das auch vor – bisher aber nicht umgesetzt.
Wie geht es früheren Verdächtigen nach einem solchen nächtlichen Einsatz?
Uns liegen Berichte von traumatisierten Menschen vor, gerade für Kinder sind solche Einsätze schwer zu verarbeiten.