Die Schauspielerin, Moderatorin und Komikerin Anke Engelke spricht anlässlich ihres neuen Films über Schönheitsideale, die Pubertät und den Lehrermangel in Deutschland.

Der Jugendfilm „Das schönste Mädchen der Welt“ überträgt die Geschichte des Cyrano de Bergerac auf eine Schulklasse unserer Tage. Der mit einer gigantischen Nase gesegnete Cyril verbirgt sein rappendes Alter Ego hinter einer Maske. Anke Engelke spielt seine liebevolle, bisweilen peinliche Mutter.

 

Frau Engelke, Cyrils Mutter ist stark und sensibel, aber manchmal auch peinlich. Können Sie eine peinliche Mutter sein?

Tja, was genau steckt in diesem „peinlich“? Es gibt dieses Zeitfenster, in dem man gern mit dem Begriff „peinlich“ um sich schmeißt, nicht nur was die eigenen Eltern angeht. Vielleicht sieht man irgendwo ein Plakat: „Oh, voll peinlich, kuck mal!“. Man hat sich komisch benommen, man war nicht schlagfertig genug, man bekommt einen roten Kopf – peinlich! „Peinlich“ ist das zentrale Wort der Pubertät. Und der Witz ist, dass man das auch nach außen spiegelt, wenn man mittendrin steckt. Deshalb finden sich wahrscheinlich die Pubertisten selbst am peinlichsten, weil sie sich so sehr mit sich selbst und der eigenen Wirkung auseinandersetzen. Doch es ist völlig normal, dass Menschen in diesem Alter auf sich selbst fixiert sind. Damit meine ich im Zweifel auch mich. Ich hatte zwar eine super entspannte Pubertät, aber wahrscheinlich war ich so klemmig oder so überbordend – diese Extreme prallen da ja rucki, zucki aufeinander –, dass ich nach außen wirklich peinlich wirkte. Wenn man mittendrin steckt, empfindet man das noch viel potenzierter.

Sind Sie gern zur Schule gegangen, haben Sie zu den „Coolen“ gehört?

Ich habe nicht zu den Coolen gehört und ich bin gerne zur Schule gegangen. Die Coolen waren ja vermutlich die in der Raucherecke, die mit Mofa und die, die ihre Eltern mit Vornamen benannt haben. Das habe ich alles nicht gemacht. Ich war relativ uncool.

Wie kommentieren Sie, dass in einem der reichsten Länder der Erde heute händeringend nach Lehrern gesucht wird und oft Quereinsteiger und Pensionäre unterrichten?

Lehrer ist einfach ein beinharter Job. Der Film spiegelt ja auch, dass die Lehrer mehr als einmal überfordert sind. Ich kann gut nachvollziehen, wenn das nicht der Traumjob Nummer 1 ist, natürlich muss da etwas passieren. Das erzählt der Film im Grunde ja auch. Lehrerinnen und Lehrer müssen die Chance bekommen, überhaupt mitzukriegen, wie es den jungen Erwachsenen geht.

In welchen Situationen würden Sie selbst gern eine Maske aufsetzen?

Finden Sie mich so hässlich?

Nee! Um nicht erkannt zu werden.

Hä?! Das ist doch nicht schlimm! Es ist alles gut. Unangenehm ist es manchmal im Urlaub oder wenn Menschen übergriffig sind. Aber das kommt kaum vor. Dann sage ich den Leuten eben: „Jetzt gerade nicht!“ Ich möchte mich nicht verstecken, ich mache meinen Job ja nicht nur für mich und weil er mir so viel Spaß macht, sondern auch, weil ich Geschichten erzählen und damit Menschen erreichen möchte. Und dazu brauche ich keine Maske.

Anke Engelke über Schönheitsideale und -operationen

Wann finden Sie einen Menschen schön?

Ich finde einen Menschen schön, wenn es ihm egal ist, ob er schön ist. Wenn er mit sich im Reinen ist, ohne es durch das Urteil anderer zu definieren. Es kann passieren, dass ich jemandem begegne, dessen Körpergeruch ich unangenehm finde oder dessen Hygienemaßstäbe ich nicht mit meinen vereinbaren kann. Aber vielleicht kann ich selbst darin eine Schönheit erkennen, wenn ich sehe, dass jemand sich mit sich selbst auseinandersetzt, ohne sich wichtig zu nehmen. Ich finde sehr schön, wenn Menschen nicht zwanghaft gefallen oder einer Norm entsprechen wollen. Auch wer sich partout von den anderen absetzen und unterscheiden will, macht das zwanghaft. Am tollsten ist doch alles, was keinem Zwang unterliegt, sondern einer fröhlichen Selbstzufriedenheit.

Cyril würde sich wahrscheinlich unters Messer legen, wenn er das Geld dazu hätte. Sind Sie jemand, der Schönheits-OPs ablehnt, oder gibt es auch Fälle, in denen sie sinnvoll sind?

Nee nee, das soll schön jeder machen, wie er will. Ich finde aber, dass der Film auf sehr heitere Weise zeigt, dass Schönheit ein relativer Begriff ist. Es gab schon immer Schönheitsideale, nicht erst seit die Medien sie propagieren. Diese Ideale haben sich im Laufe der Jahrhunderte wahnsinnig entwickelt. Ich habe vor drei Jahren eine Reportage über Selbstoptimierung gedreht und mit einer Fachfrau darüber gesprochen, wie sich das Bild der Frau im Laufe der Jahrhunderte verändert hat.

Inwiefern?

Es ist verrückt, was alles schon als schön galt: blass zu sein, einen Teint zu haben, keinen Hintern zu haben, und gerade kommen die Riesenhintern wieder aus der Mode. Zu manchen Zeiten stand eine üppige Figur für Wohlstand, für ein gutes, gesundes und pralles Leben, eine schlanke Person galt als arm. Manchmal mussten nur die Beine einem bestimmten Ideal entsprechen, oder die Arme, die Hände oder die Fingernägel. Ich habe vieles darüber erfahren, woran man Schönheit im Laufe der Zeiten festgemacht hat. Dieses Hintergrundwissen finde ich sehr hilfreich.