Am Montag hat er überraschend seinen vorzeitigen Rückzug aus Stuttgart angekündigt: Im Interview erklärt der Stuttgarter Schauspielchef Armin Petras nochmals die Gründe für seine Entscheidung – und reagiert auf die in der Vergangenheit geäußerte Kritik an seiner Arbeit.

Stuttgart - Die Überraschung kam am Montag: Armin Petras, dessen Vertrag als Intendant des Stuttgarter Schauspiels vorzeitig um drei Jahre verlängert worden ist, will plötzlich nicht mehr. Statt bis zum Jahr 2021 bleibt er jetzt nur bis 2018 – eine Entscheidung, für die der 52-jährige Petras familiäre Gründe anführt. Dessen ungeachtet wollte in der Vergangenheit auch die Kritik an seiner Arbeit und an seinem Führungsstil nicht abreißen – Vorwürfe, auf die er im Gespräch in der Theaterkantine zunehmend gereizt und dünnhäutig reagiert: „Ich muss die Zuschauer erfreuen und beglücken, aber auch verunsichern und schocken“, sagt der 2013 vom Berliner Gorki gekommene Noch-Intendant.

 
Herr Petras, am Montag haben Sie mit Ihrer Ankündigung, Stuttgart vorzeitig zu verlassen, alle überrascht. Wie lange haben Sie über dieser Entscheidung gebrütet?
Auf jeden Fall über den Sommer hinweg und verstärkt im vergangenen Monat.
Und was hat am Ende den Ausschlag gegeben, die Schauspiel-Intendanz im Sommer 2018 niederzulegen?
Ausschlaggebend waren am Ende familiäre und persönliche Gründe.
Meine Lebenserfahrung sagt mir: Wenn man sich zu einer Entscheidung durchgerungen hat, zumal zu Gunsten der Familie, nimmt man das auch als Befreiung wahr. Wie ist das bei Ihnen?
Ich trage Verantwortung – und zwar in vielerlei Hinsicht. Ich habe eine Verantwortung gegenüber meiner Familie, aber auch eine Verantwortung gegenüber meinem Ensemble, sozusagen meiner zweiten Familie. Aber abzuwägen, welcher der beiden Familien ich den Vorrang gebe, war ein großes Problem für mich. Jetzt habe ich mich entschieden. Und natürlich ist jede Entscheidung eine Befreiung, was aber nicht ausschließt, dass ich sie bei anderen Gelegenheiten als schmerzlich empfinde.
Die Kritik an Ihrer Arbeit, die nicht zuletzt auch von mir geübt wurde . . .
Entschuldigung: zu allererst von Ihnen, nicht zuletzt . . .
. . . hat diese Kritik Sie auch zermürbt?
Das glaube ich nicht. Das gehört zum Alltag eines Theaterchefs, dass die Arbeit, die er an seinem Haus leistet, von allen Seiten kritisiert wird. Im Übrigen gab es auch viele positive Beschreibungen. In der Summe habe ich die Reaktionen und Einschätzungen schlicht als ambivalent empfunden, City fifty. Ich bin auch sehr gerne in Stuttgart, habe hier viel Zuspruch erhalten und weiß, dass es nicht viele Theater in Deutschland gibt, die in drei Spielzeiten zweimal zum Berliner Theatertreffen eingeladen worden sind: Wir waren dort 2014 mit „Onkel Wanja“ und 2015 mit dem „Fest“ zu Gast. Und wir waren auch zweimal bei den Mülheimer Theatertagen nominiert, 2015 mit „Furcht und Ekel. Das Privatleben glücklicher Leute“ und 2016 mit „Buch (5 ingredientes de la vida“, darüber hinaus waren wir 2016 mit „Tschewengur“ bei den Wiener Festwochen und mit „I’m searching for I:N:R:I“ bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen und den Autorentheatertagen Berlin eingeladen. Zudem gibt es eine starke Geschlossenheit im Ensemble. Mir ist nicht bekannt, dass auch nur ein einziger Schauspieler weggegangen ist, weil er mit der Intendanz oder einzelnen Regisseuren nicht zufrieden gewesen ist. Wenn uns jemand verlassen hat, folgte er meistens dem Angebot eines größeren Hauses oder hatte ganz private Gründe.