Es wird immer der Markt richten. Die Politik kann nur dafür sorgen, dass die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Hier haben wir gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gute Fortschritte bei der Nationalen Plattform Elektromobilität gemacht. Schon im ersten Jahr haben wir bei allen Beteiligten viele Gemeinsamkeiten finden können. Wir sind uns einig, welchen Weg wir beschreiten wollen, einschließlich der Energieversorger, denn natürlich wollen wir auch regenerative Energie für die Elektromobilität nutzen, nur dann macht das wirklich Sinn. Wenn wir Braunkohle verfeuern müssen, um Strom für die Autos zu erzeugen, haben wir nichts gekonnt.

 

In diese Richtung haben wir mit unserem Projekt Audi balanced mobility einen wichtigen Impuls gegeben. Dabei werden wir mit Windrädern Ökostrom produzieren und zudem klimafreundlich Wasserstoff und synthetisches Erdgas gewinnen. So wird die Energie speicherbar. Das Methangas kann man entweder wieder in Elektroenergie wandeln oder damit Erdgasautos wie unseren A3 TCNG betanken, der mit einer Füllung 1200 Kilometer fahren kann. Wir haben nachgewiesen, dass das im Forschungsprojekt funktioniert und wir werden auch den Bau einer richtigen Anlage unterstützen. Wenn noch mehr solche Projekte aus unserer Industrie kommen, dann wird die Elektromobilität deutlich schneller vorankommen.

Aber brauchen wir nicht doch einen gesellschaftlichen Wandel? Müssen die Autofahrer ihre Ansprüche herabsetzen?

Das kann man nicht verordnen. Das Bevölkerungswachstum, von sechs auf neun Milliarden Menschen weltweit, wird zu einer Ressourcenknappheit führen. Wir als Technologieland sind gefordert, Mittel und Wege zu finden, wie man die vorhandenen Ressourcen effizient nutzen und man neue, regenerative Energiequellen erschließen kann. Da gehört das Automobil dazu. Wenn man die Urbanisierung sieht, wird sich die Mobilität in den großen Städten anders entwickeln als auf dem Land. Wir müssen für beide Szenarien die richtigen Lösungen anbieten.

Welche Rolle werden bei diesem Wandel Modelle wie Car Sharing und ähnliche spielen?

Glauben Sie, dass solche Werte- hohes Drehmoment, viel PS - in zehn Jahren wirklich noch zählen?

Ich bin sehr überzeugt, dass Sportlichkeit nichts von ihrem Reiz verlieren wird. Das war bereits in der Anfangszeit des Automobils so und es wird auch in Zukunft so sein. Das gilt nicht nur für das Design, sondern besonders auch für das Fahrgefühl und das hat nicht unbedingt etwas mit Tempo zu tun. In den USA zum Beispiel wird Sportlichkeit als das Beschleunigungsgefühl von der Ampel weg bis zur Höchstgeschwindigkeit von 55 Meilen pro Stunde beschrieben. Sportlichkeit spielt auch eine Rolle beim Überholen, wo man etwa bei Hybridautos einen Elektromotor als Booster zuschalten kann. Ich glaube, dass sich an der Grundeinstellung der Kunden für sportliche Autos nichts ändern wird. Jeder hat gern ein agiles, dynamisches und luxuriöses Automobil.

Ist das eine typisch deutsche Einstellung? Oder sind Autofahrer überall auf der Welt gleich in ihren Ansprüchen?

Im Premiumbereich ist das weltweit so. Luxus ist von der Definition her in Europa eher etwas subtiler, in Asien oder USA dagegen wollen die Kunden ihren Status zeigen - und das wird auch in fünf oder zehn Jahren so sein. Ein Auto muss modern sein und es muss innovative Technologien bieten. Der Kunde will sich wohlfühlen, wenn er sich ein Premium-Automobil leistet. Es wird außerdem immer wichtiger, dass man die Zeit, die man im Auto verbringt, auch sinnvoll nutzen kann. Selbst im Stau wollen die Kunden ihre Zeit effektiv oder kurzweilig nutzen können.

Wieso Stau? Die modernen Systeme sollen doch verhindern, dass Staus entstehen.

Ich denke, dass wir die Infrastruktur in den nächsten zehn, 15 oder 20 Jahren nicht so rapide verbessern können wie das wünschenswert ist. Das muss man realistisch sehen. In China werden zum Beispiel in den nächsten zwei Jahren 20.000 Kilometer Autobahn mit moderner Technologie zur Verkehrsführung gebaut - aber es wird weiterhin innerhalb der Megacities Staus geben. Und der Kunde sollte die Möglichkeit haben, mit der Umwelt zu kommunizieren so wie er es von zuhause oder aus dem Büro gewohnt ist. Daher wird der Anspruch zu persönlicher, individueller Mobilität bestehen bleiben.

Zur Zeit hat man den Eindruck, dass das Elektromobil das Auto der Zukunft ist, das alle Probleme auf einmal lösen kann. Glauben Sie daran?

So, wie das Elektroauto heute ist, kann es alle Erwartungen des Kunden noch nicht erfüllen. Beim Thema Reichweite und Kosten ist der Verbrennungsmotor noch überlegen. Die Ingenieure arbeiten daran und langfristig wird es auch Lösungen geben, die das Elektroauto nach vorne bringen. Wie schnell sich am Ende das rein elektrische Auto durchsetzt, werden wir sehen. Wichtig ist vor allem, dass die Reichweite stimmt. Und da hat der Plug-in-Hybrid, bei dem neben dem Elektro- auch ein Verbrennungsmotor an Bord ist, bisher noch klare Vorteile.

Die Idee der Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor ist nicht gerade neu. Hinkt Audi da hinterher?

Keineswegs. Wir haben bereits in den 1990-er Jahren einen Hybrid - der Audi Duo hieß - in drei Versionen gebaut, aber die Zeit war damals noch nicht reif. Heute sehen wir auch Dank der besseren Batterien, dass der Kunde sich stärker für die neue Technologie interessiert und beides kombinieren möchte: die Langstreckentauglichkeit eines Verbrennungsmotors mit der Möglichkeit, in der Innenstadt rein elektrisch zu fahren. Deshalb werden wir in mindestens drei wichtigen Baureihen Vollhybride mit neuester Lithium-Ionen-Technologie anbieten. Mit dem A6 Hybrid sind wir in dieser Klasse im Moment sogar einziger Anbieter. Ein rein elektrisch betriebenes Auto mit heutiger Batterietechnologie ist noch stark in der Reichweite begrenzt. Da gehen bisher nicht mehr als 80 bis 100 Kilometer, wenn sie noch die Klimaanlage betreiben oder elektrische Fensterheber nutzen wollen. Und darauf wird der Kunde nicht verzichten wollen.

Der Kunde ist ja auch nicht bereit, mehr Geld für umweltfreundliche Lösungen auf den Tisch zu legen. Müssen da Subventionen her?

Eine direkte Subventionierung beim Kauf halte ich nicht für sinnvoll, eine Forschungsförderung schon, weil sie die Kompetenz für elektrisches Fahren in Deutschland stärkt. Auch das Fahrerlebnis wird eine wichtige Rolle spielen. Bis heute haben die meisten Autofahrer noch keine Erfahrung mit elektrischen Antrieben gemacht. Auch ein Elektroauto kann unheimlich dynamisch und sportlich sein. Beeindruckend ist besonders das Drehmoment, weil es beim E-Auto kein Schalten gibt und das maximale Drehmoment vom Start weg verfügbar ist. Das müssen die Kunden im wahrsten Sinne des Wortes erst noch erfahren. Da sind wir mit unseren Flottenversuchen dabei. So stellen wir fest, worauf die Kunden Wert legen und können dann gezielt investieren.

Ist der Elektroantrieb denn wirklich die Lösung der Zukunft? Bisher haben vor allem die deutschen Hersteller doch immer gern betont, dass man mit der Senkung des Verbrauchs viel mehr für die Umwelt erreicht.

Wir müssen an allen Schrauben gleichzeitig drehen: Verbrennungsmotoren weiter verbessern, Hybride auf die Straße bringen und das rein elektrische Auto vorantreiben. Das ist moderner technologischer Dreikampf, den wir hier betreiben. Das Tempo des Übergangsprozesses zum Elektroauto wird auch von den Spritpreisen abhängen, aber vor allem von der Batterietechnologie.

Soll das der Markt richten oder die Politik?

Es wird immer der Markt richten. Die Politik kann nur dafür sorgen, dass die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Hier haben wir gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gute Fortschritte bei der Nationalen Plattform Elektromobilität gemacht. Schon im ersten Jahr haben wir bei allen Beteiligten viele Gemeinsamkeiten finden können. Wir sind uns einig, welchen Weg wir beschreiten wollen, einschließlich der Energieversorger, denn natürlich wollen wir auch regenerative Energie für die Elektromobilität nutzen, nur dann macht das wirklich Sinn. Wenn wir Braunkohle verfeuern müssen, um Strom für die Autos zu erzeugen, haben wir nichts gekonnt.

In diese Richtung haben wir mit unserem Projekt Audi balanced mobility einen wichtigen Impuls gegeben. Dabei werden wir mit Windrädern Ökostrom produzieren und zudem klimafreundlich Wasserstoff und synthetisches Erdgas gewinnen. So wird die Energie speicherbar. Das Methangas kann man entweder wieder in Elektroenergie wandeln oder damit Erdgasautos wie unseren A3 TCNG betanken, der mit einer Füllung 1200 Kilometer fahren kann. Wir haben nachgewiesen, dass das im Forschungsprojekt funktioniert und wir werden auch den Bau einer richtigen Anlage unterstützen. Wenn noch mehr solche Projekte aus unserer Industrie kommen, dann wird die Elektromobilität deutlich schneller vorankommen.

Aber brauchen wir nicht doch einen gesellschaftlichen Wandel? Müssen die Autofahrer ihre Ansprüche herabsetzen?

Das kann man nicht verordnen. Das Bevölkerungswachstum, von sechs auf neun Milliarden Menschen weltweit, wird zu einer Ressourcenknappheit führen. Wir als Technologieland sind gefordert, Mittel und Wege zu finden, wie man die vorhandenen Ressourcen effizient nutzen und man neue, regenerative Energiequellen erschließen kann. Da gehört das Automobil dazu. Wenn man die Urbanisierung sieht, wird sich die Mobilität in den großen Städten anders entwickeln als auf dem Land. Wir müssen für beide Szenarien die richtigen Lösungen anbieten.

Welche Rolle werden bei diesem Wandel Modelle wie Car Sharing und ähnliche spielen?

Wir sammeln gerade in verschiedenen Modellversuchen Erfahrungen. Car Sharing ist kein neues Phänomen, das gibt es im Prinzip schon, seitdem es Autovermieter gibt: Sie nutzen ein Auto auf Zeit. Da sind dann alle Dinge geklärt, die Versicherung, die Reparatur, die Autowäsche, die Tankfüllung. Beim sogenannten Car Sharing, bei dem man ein Auto auf Zeit nutzt, das am Straßenrand steht, ist noch vieles unklar. Das beginnt mit der einfachen Frage, ob jeder der Nutzer die Disziplin hat, nur ein sauberes Auto abzustellen. Was vielleicht im Volumensegment toleriert wird, wird im Premiumbereich nicht mehr toleriert. Also brauchen wir andere Lösungen und daran arbeiten wir. Aber bevor wir tiefgreifende unternehmerische Entscheidungen treffen, wollen wir noch mehr über die Kundenbedürfnisse wissen und wie groß und nachhaltig diese Nachfrage wirklich ist.

Wie groß ist die Versuchung, die schnell wachsenden Märkte, etwa in Asien, erst einmal mit herkömmlicher Technik zu versorgen, um möglichst viel Geld zu verdienen?

Eines muss ganz klar sein: nicht wir, sondern der Kunde entscheidet, welche Art von Mobilität er will. Hier können Sie nicht am Markt vorbei entscheiden. Deshalb versorgen wir die Märkte auch nicht, sondern liefern, was der Kunde individuell bei uns bestellt. Und da haben wir offensichtlich das richtige Angebot am Markt. Die spannende Frage ist, was in den nächsten zwanzig bis dreißig Jahren passiert. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Ich denke, wir stehen vor einer neuen Etappe. Wir werden noch viel an der Batterietechnologie arbeiten und auch die Kosten reduzieren müssen, um die Kunden zum Umsteigen zu bewegen.

Welche Rolle spielt in diesem gesellschaftlichen Prozess die Automobilindustrie, Treiber oder Getriebener?

Audi ist Treiber. Getriebener zu sein, macht keinen Spaß. Wenn man den Anspruch hat, die Führungsrolle zu übernehmen, muss man aktiv sein. Das gilt nicht nur für die Autohersteller, sondern auch für die Zulieferer. Man muss die Risiken im Auge haben, aber auch die Chancen sehen und ergreifen. Das findet in einem intensiven Wettbewerb statt, und deshalb kann es sich keiner leisten stehenzubleiben.

Bremst der hohe Anspruch an die Technik, den deutsche Ingenieure haben, die Wettbewerbsfähigkeit? Bei einigen Technologien wie zum Beispiel Dreiwege-Katalysator und Hybrid kamen die Deutschen erst hinterher.

Der hohe Anspruch ist unser stärkstes Verkaufsargument. Andere haben vielleicht mit einfacheren Lösungen kurzfristig Marktanteile gewonnen. Aber langfristig setzt sich die technisch beste und kundenfreundlichste Lösung durch. Unser Anspruch ist, Top-Lösungen zu präsentieren.

Wie sieht Umweltstrategie von Audi konkret aus?

Darauf gibt es eine einfache Antwort: Es genügt nicht mehr, nur auf das Automobil zu blicken. Das Auto ist Teil eines Gesamtsystems und wer wirklich etwas bewegen will, muss auch im Umfeld mitarbeiten, damit individuelle Mobilität noch umweltfreundlicher wird. Grundsätzlich müssen wir uns darum bemühen, die Ressourcen so effizient wie möglich zu nutzen. Das hat nicht nur mit dem Schadstoffausstoß unserer Autos zu tun. Wir müssen auch im Herstellungsprozess effizient mit den Ressourcen umgehen, den Energieeinsatz für die Produktion so gering wie möglich halten. Hier setzen wir auf Kraft-Wärme-Kopplung, den Verbund mit Anbietern von Fernwärme und regenerative Energie - kurz: Ziel ist die CO2-neutrale Fabrik. So signalisieren wir, dass das Unternehmen es ernst meint mit der gesamtheitlichen Verantwortung für die Umwelt. Und dann kümmern wir uns auch heute schon darum, wo der regenerative Strom für unsere künftigen Elektroflotten herkommt.

Wie passt da betriebswirtschaftliche Effizienz rein? Umweltschutz kostet doch erst einmal viel Geld.

Ökonomie und Ökologie sind auch in der Kostenrechung heute kein Widerspruch mehr. Dazu ein einfaches Beispiel: Wir haben in der Fertigung tausende von beweglichen elektrischen Anlagen, von Pressen über Hebeanlagen bis hin zu großen Kränen. Wir haben investiert, damit die Brems- und Ausrollenergie dieser Anlagen zurückgewonnen werden kann, so wie es bei einem Hybridauto auch funktioniert. Das Ergebnis ist: nach wenigen Jahren hat sich die Investition amortisiert. Ökologisches Handeln passt hervorragend zu unternehmerischem Denken, wie dieses Beispiel zeigt.

Hintergrund: Rupert Stadler

Naturfreund Die Nähe zur Natur ist Rupert Stadler quasi in die Wiege gelegt worden. Der heutige Audi-Chef ist als Sohn eines Bauern im bayerischen Wachenzell im Landkreis Eichstätt aufgewachsen. Daher wirken seine Aussagen zu Umweltthemen durchaus überzeugend.

Karriere Nach dem Studium der Unternehmensplanung und Controlling landete er 1990 bei Audi. Vier Jahre später war er bereits Geschäftsführer der spanischen Tochter mit Sitz in Barcelona. Seit dem 1. Januar 2007 ist der 48 jährige, der ein enges Verhältnis zum VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch hat und einst dessen Bürochef war, Vorstandschef der Premiummarke des VW-Konzerns.