Der Autosalon ist das Schaufenster für die neuesten Kreationen der internationalen PS-Branche. Die Trendwende auf dem gebeutelten europäischen Automarkt ist geschafft, sagt Autoexperte Willi Diez. Das bedeutet aber nicht das Ende aller Probleme.

Stuttgart – - Der Autosalon in Genf ist in dieser Woche das Schaufenster für die neuesten Kreationen der internationalen PS-Branche. Willi Diez, der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen, sieht gute Chancen für bessere Geschäfte auf dem europäischen Markt. Doch sind längst nicht alle Probleme bewältigt. Trotz Fabrikschließungen gibt es nach Einschätzung des Autoexperten immer noch hohe Überkapazitäten in Europa.
Herr Diez, der Genfer Autosalon ist stets ein gutes Barometer für die Stimmung in der PS-Branche. Wie ist das Geschäftsklima in diesem Jahr?
Bildlich gesprochen: frühlingshaft. Auf dem europäischen Markt ist die Trendwende erkennbar, wir hatten jetzt eine ganze Reihe von Monaten mit Zuwachsraten. Die Sorgenkinder der vergangenen Jahre, also Frankreich, Italien, Spanien, sehen wieder einen Hoffnungsschimmer. Und die überseeischen Märkte laufen auch im Rahmen der Erwartungen. Deshalb dürfte die Stimmung auf der Messe insgesamt ganz gut sein. Ich glaube, es wird nicht überschwänglich sein, aber der Ausblick auf das Geschäft in diesem Jahr dürfte ganz gut ausfallen.
In den vergangenen Jahren ist der europäische Markt massiv eingebrochen. Wird dies wieder aufgeholt, oder wird sich der Markt auf einem niedrigeren Niveau einpendeln?
Das kann man wieder aufholen, aber es wird sicher drei bis vier Jahre dauern. Der europäische Markt wird vielleicht 2018 wieder das Niveau von 2007 erreichen. Die Erholung in den Krisenländern verläuft eher zögerlich, und der Markt wird auch künstlich beatmet werden müssen; sprich: es werden Rabatte angeboten werden müssen, damit die Leute dort wieder Autos kaufen. Doch ein Nachholbedarf ist nach den schwachen Jahren sicher vorhanden.
In den vergangenen Jahren gab es nach einhelliger Meinung von Autoexperten auch große Überkapazitäten. Jetzt ist ja einiges geschehen. Peugeot beispielsweise hat im Oktober eine Fabrik geschlossen. Wie sieht es heute mit den Überkapazitäten aus?
Es gibt nach wie vor Überkapazitäten. Ich würde mal schätzen, dass sie heute in der Größenordnung von etwa 30 Prozent liegen. Dabei muss man auch berücksichtigen, dass Autobauer die Produktion von Westeuropa in den Osten verlagern.
Trotz dieser Überkapazitäten in Europa haben BMW und Porsche ihre Fabriken in Leipzig gerade ausgebaut. Können sich die deutschen Premiumhersteller von den Problemen in Europa abkoppeln?
Die deutschen Premiumhersteller profitieren von neuen Modellen, die sehr stark gefragt sind, sowie vom Erfolg in Übersee wie etwa in Nordamerika. Auch sie haben jedoch die Schwierigkeiten des französischen Marktes zu spüren bekommen. Generell tun sich auch die deutschen Autobauer am heimischen Standort schwer. VW kämpft um die Auslastung seiner deutschen Werke und Ford sowie Opel sowieso.
Zur Rettung von Peugeot Citroën ist neben dem französischen Staat auch der chinesische Autobauer Dongfeng eingestiegen. Wie kann Peugeot Citroën davon profitieren?
Ich glaube die Situation bei Peugeot Citroën war so zugespitzt, dass dieses Sanierungsmodell die letzte Überlebenschance war. Entscheidend wird sein, ob Peugeot Citroën dadurch wirklich einen Fuß auf den chinesischen Markt bringt. Das könnte mit Dongfeng funktionieren. Mit Unterstützung der Chinesen könnten die Franzosen eventuell auch ihre Position in Lateinamerika ausbauen. Vom Einstieg des französischen Staats darf man sich industriell nicht allzu viel erwarten. Damit sollte ein Ausverkauf des Traditionsunternehmens nach China verhindert werden.