Das Vorstandsmitglied der Linken im Land, Bernd Riexinger, bedauert den Rückzug des Saarländers. Er wirft ihm aber taktische Fehler vor.

Stuttgart - Herr Riexinger, hat sich Lafontaine geschickt und korrekt verhalten?

 

Ich hätte mir gewünscht, dass er einfach sagt, ich kandidiere, und es nicht an die Bedingung knüpft, keine Kampfkandidatur zu akzeptieren. Ich bin sicher, er wäre mit großer Mehrheit gewählt worden. Ich bedauere seinen bundespolitischen Rückzug sehr. Er wäre ein Zugpferd für die Bundestagswahl gewesen. Er hätte Wählerschichten zurückgeholt, die jetzt der Urne fernbleiben oder die zögerlich sind mit ihrer Stimme für die Linken. Ich glaube Lafontaine hat es unterschätzt, wie entschlossen gewisse Strömungen gegen ihn sind.

Am Ende waren es Ostvertreter, die sich auf Bartschs Seite schlugen. Wie tief ist der Ost-West-Graben?
Weder der Osten noch der Westen ist homogen. Ich bin überzeugt davon, dass Lafontaine bei den Delegierten im Osten eine Mehrheit bekommen hätte. Das haben wir auf dem Parteitag in Erfurt gespürt. Es sind immer die gleichen Leute, die die Personaldebatte führen. Es handelt sich um fünf oder sechs Leute, die auch jetzt wieder öffentlich gegen Lafontaine geschossen haben. Das hat nicht zur Konsensfindung beigetragen und hat Lafontaine auch nicht ermutigt, die Kandidatur aufrechtzuerhalten. Aber es gibt keine ernst zu nehmende Strömung, die die Zukunft nicht in einer gesamtdeutschen Linkspartei sieht. Die Ansicht, man könne sie zur ostdeutschen Regionalpartei machen, wird auch im Osten nicht geteilt. Am stärksten ist bei uns der Beifall, wenn wir sagen, dass wir nur eine Chance haben als gesamtdeutsche Linke.

Wie wird der Karren nun aus dem Dreck gezogen?
Jetzt melden alle möglichen Leute ihre Kandidatur an. Meine persönliche Meinung ist, dass Bartsch auch seine Kandidatur zurückziehen müsste, damit die Polarisierung beendet wird. Nun müssen wir uns anstrengen, damit wir bis zum Bundesparteitag in Göttingen eine Führungsmannschaft zusammenstellen, die den verschiedenen Strömungen gerecht wird. Wir dürfen nicht aus dem Auge verlieren, dass es im Osten eine PDS-Tradition der Partei gibt. Wir im Westen sind entstanden aus der sozialen Auseinandersetzung mit der Agenda 2010 und wir werden hier stark getragen vom Gewerkschafterflügel. Diese Traditionen müssen sich in den Gesichtern der Führung ausdrücken. Das müssen Leute sein, die klar zum Ausdruck bringen, dass die soziale Frage, die Prekarisierung und Ausgrenzung der Menschen ein zentraler Kern der linken Politik ist.

Wer wäre Ihr Traumpaar an der Spitze?
Es ist müßig, jetzt Personen in der Öffentlichkeit zu nennen, wenn man gar nicht weiß, ob sie kandidieren wollen. Aber ich würde es begrüßen, wenn Sahra Wagenknecht antreten würde. Sie wird im Osten und Westen als Integrationsfigur anerkannt.

Wenn Männer streiten, freuen sich die Frauen. Können Sie sich ein weibliches Duo vorstellen?
Ja, die Führungsfrage ist keine nach Mann oder Frau. Die Spitze muss den Kern der Partei vertreten. Wir haben fast einstimmig ein Parteiprogramm verabschiedet, das muss das Duo repräsentieren.

Kommen Sie angesichts der Personaldebatte beim Bürger noch mit Inhalten durch?
Das ist wirklich ein Dilemma. Jede Partei hat bei Personalbesetzungen strittige Debatten. Bei uns ist das Problem, dass viele unserer Wähler sagen, wenn die sich so streiten, wie wollen die dann unsere Interessen vertreten.Wir müssen schauen, dass der Bundesparteitag die Debatte beendet. Die Themen für die Linken liegen auf der Straße: Auch in Deutschland ist es nicht so, dass alle gut aus der Krise kamen. Jeder Vierte ist in untypischen oder prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt, der Niedriglohnsektor dehnt sich weiter aus. Das sind unsere Themen.