Der Landesbranddirektor Hermann Schröder wünscht sich, dass sich Architekten und Ingenieure früher in Sachen Brandschutz beraten lassen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart -

Herr Schröder, die Brandschutzregeln werden immer feiner ausgearbeitet. Werden wir in Deutschland eines Tages amerikanische Verhältnisse haben, und auf Kaffeetassen vor heißen Flüssigkeiten warnen?
Die Deutschen sind hoffentlich so rational, dass man sie nicht vor jeder Gefahr warnen muss. Aber die Menschen sind nicht mehr bereit, alle Risiken in Kauf zu nehmen. Ein Beispiel ist der Brandschutz in Straßentunneln. Als ich 1986 erstmals zum vorbeugenden Brandschutz bei einem konkreten Tunnelprojekt bei den Feuerwehren einen Vortrag hielt, brach bei den zuständigen Planern und Entscheidern ein Sturm der Entrüstung los. Inzwischen ist der Tunnel brandschutztechnisch nachgerüstet.

Was hat sich denn stärker weiterentwickelt: Das Risikobewusstsein der Menschen oder der technische Fortschritt und damit die Möglichkeit der Absicherung?
Beides parallel, glaube ich. Zum einen hatten wir in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg eine Riesenentwicklung, insbesondere durch die Unterstützung der Computertechnik, und konnten viele wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen. Hinzu kommt die wirtschaftliche Lage: Man kann mit wenig Kosten das Risiko bis zu einem bestimmten Maß sehr stark minimieren. Jede weitere Verringerung wird dann wesentlich teurer. Wir können uns heute mehr Sicherheit leisten. Dadurch ist auch die Erwartungshaltung in der Bevölkerung gestiegen.

Man kann sagen, der Brandschutz habe sich verschärft, oder er habe sich verbessert. Was sagen Sie?
Ich würde nicht sagen, dass sich der Brandschutz verschärft hat. Die Grundlagen sind seit vielen Jahren gleich. Man hat aber heute viel mehr Möglichkeiten, Risiken mathematisch zu ermitteln. Deswegen weisen Techniker darauf hin, was machbar und was nicht ausschließbar ist. Letztlich entscheiden die Politiker, welches Risiko sie akzeptieren.

Warum nehmen viele den Brandschutz als Totschlagargument wahr, mit dem man in letzter Minute Bauprojekte stoppen oder gar verhindern kann?
Dazu muss es eigentlich nie kommen. Architekten, Ingenieure und Verantwortliche machen aber oft den Fehler, die Experten des vorbeugenden Brandschutzes nicht früh genug einzubeziehen. Ist ein Projekt fertig geplant, wird es viel teurer, den Brandschutz einzuplanen, als wenn man ihn von Anfang an berücksichtigt.

Warum ist das nicht der Regelfall?
Das Thema Brandschutz hat in der Ausbildung von Architekten und Ingenieuren einen viel zu geringen Stellenwert. Ich bin Bauingenieur und habe im Studium in den 1980er Jahren genau zwei Stunden Vorlesung zum vorbeugenden Brandschutz gehört.

Das ist heute aber anders?
Noch nicht im gewünschten Maße, aber es wird besser: Immer mehr Hochschulen haben den Mangel erkannt. Erste Vorlesungsreihen finden mittlerweile Eingang in die Vorlesungspläne der Hochschulen.