Fast ein Jahr sind Sie nun Daviscup-Teamchef. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Der Job ist sehr abwechslungsreich und komplex, das macht mir viel Spaß. Ich bin in verschiedenen Gremien im Verband vertreten und habe dort auch Einfluss auf die Strukturen, außerdem kann ich mich im Nachwuchsbereich einbringen und natürlich auf der Profie-Ebene. Trotzdem hinterfrage ich meinen Job auch mal. Bei mir gibt es auch Tage, an denen ich nach Hause gehe und sage: Ich bin froh, dass der Tag vorbei ist. Das kennt ja jeder.
Werden Sie ausgebremst?
Ich erfahre von dem Präsidium viel Unterstützung. Beim DTB geht es allen darum, Dinge voranzubringen. Es ist normal, dass in einem Verband auch Routinen existieren. Ich habe gemerkt, dass man nicht immer gleich auf Konfrontation gehen kann und dass nicht alles sofort umsetzbar ist. Hier und da durchblicke ich vielleicht noch nicht immer alles und bringe schnell eine Idee an, die sich aber manchmal aus politischen Gründen nicht realisieren lässt. Aber stets einen Weg zu finden, ist spannend.
Sie betonen oft, auf mehr Kommunikation zu setzen. Gab es so viel Nachholbedarf?
Man muss eine Struktur anbieten und Kommunikation einfordern. Ich habe den Spielern klar gesagt: Dann und dann finden Treffen statt, und ich erwarte, dass ihr dorthin kommt. Und wenn ihr mir etwas zu sagen habt, dann sagt es mir direkt und nicht über den Manager. Das wird auch allen klar, aber viele sind es gewohnt, dass nicht zu tun – ohne böse Absicht. Ich dachte am Anfang, das sei selbstverständlich. Aber ich muss die Spieler immer wieder darauf hinweisen. Sie machen es dann auch alle, aber es kommt nicht automatisch.
Warum?
Viele haben ein Umfeld, das ihnen alles abnimmt. Ich meine das nicht negativ. Die Spieler sind den durchorganisierten Alltag gewohnt, so dass sie sich ganz auf Tennis konzentrieren können. Dadurch geht vielleicht etwas Selbstständigkeit verloren. Und sie registrieren eventuell gar nicht, dass es Menschen gibt wie mich, die ihnen sagen: Ich erwarte, dass du mich anrufst und nicht jemand anderes. Das ist für sie fast eine neue Information. Schwer zu glauben, aber ich kann mir vorstellen, dass es im Fußball ähnlich ist. Es gibt nur wenige, die gar kein großes Managerteam haben wollen. Ich war als Spieler jedenfalls so drauf.
Sie waren als Spieler auch sehr impulsiv und haben viele Schläger zertrümmert. Wie ist Ihnen der Wandel gelungen?
Abseits des Platzes war ich auch früher schon sehr umgänglich. Aber auf dem Court wurde ich hochemotional, das Schlägerzerkloppen war mein Ventil. Es war so tief in mir drin, da war nichts mehr zu machen. Und da halfen erst recht keine oberflächlichen Floskeln. Ich habe mich dann viel mit Meditation beschäftigt. Da ist bei mir auch das eine oder andere hängengeblieben.
Was ist Ihre größte Stärke?
Ich bin klar in der Kommunikation. Ich mag es nicht, wenn mein Gegenüber nicht weiß, woran er ist. Ich sage, was ich erwarte. Und ich stehe für respektvolle Zusammenarbeit. Das kommt sehr gut an. Alle Spieler wissen, wofür ich stehe und wo meine Grenze ist.
Welche Ziele streben Sie noch an?
Ich will mit dem Daviscupteam mal nicht nur die erste Runde gewinnen, was ja schon schwer genug wird. Ich würde gerne im nächsten Jahr in Bestbesetzung antreten. Und dann ein Halbfinale zu erreichen wäre schon toll. Zudem möchte ich ein neues Nachwuchskonzept realisieren. Unsere Idee ist: die fünf besten deutschen Spieler zwischen 18 und 21 Jahren professionell und intensiv zu fördern. Denn vielen Talenten gelingt in diesem Alter der Übergang in den Profibereich nicht.
Woran liegt das?
Die älteren Spieler sind heutzutage athletisch so gut ausgebildet und wissen so viel. Diesen Rückstand kann der Nachwuchs nur über mehrere Jahre aufholen. Deswegen müssen Talente lange unterstützt werden – und hartnäckig und geduldig sein. Genau das ist es, was viele nicht schaffen. Vielleicht von ihrer Einstellung her, aber auch weil ihnen Unterstützung fehlt. Das wollen wir ändern. Talente gibt es immer. Leider fehlt uns noch das Budget.