Sport: Joachim Klumpp (ump)
Island ist ein gutes Stichwort. Das hat gut 300 000 Einwohner, und Deutschland mehr als doppelt so viele Handballer. Warum ist Ihre Heimat sportlich zuletzt trotzdem erfolgreicher gewesen?
Da gibt’s nicht einen bestimmten Grund, das wäre zu einfach. Island hat es geschafft, eine stabile Mannschaft zu formen und lange mit der gleichen Formation zu spielen. Jetzt ist ein kleiner Umbruch da, und sie haben auch die WM-Qualifikation verloren. Man muss sehen, wie sie da rauskommen. Der eigentliche Unterschied ist die Bedeutung des Handballs. Wir haben immer große Vorbilder gehabt wie Olafur Stefansson oder jetzt Aron Palmarsson, deren Rolle ist sehr wichtig. Die ziehen immer eine neue Generation mit. Außerdem liegen die TV-Einschaltquoten bei 80 Prozent. Wenn die Nationalmannschaft bei großen Turnieren spielt, guckt jeder.
Und was lief bei den Deutschen schief seit dem Höhepunkt mit dem WM-Titel 2007? Haben sie abgebaut oder die anderen Nationen eher aufgeholt?
Ich möchte nicht so viel zurückblicken und kritisieren. Ich sehe schon, dass die Breite stärker geworden ist und mehrere Mannschaften auf dem gleichen Niveau sind. Dann entscheiden Kleinigkeiten. Ganz oben stehen Mannschaften, die über einen längeren Zeitraum stabil sind. Ich meine damit Frankreich, Spanien, Dänemark und Kroatien.
Wie lange dauert es im Optimalfall, bis man den Anschluss an diese Teams gefunden hat?
Schwer zu sagen. Ich finde die Vision des DHB bis 2020 gut. Deutschland sollte auf jeden Fall in diese Richtung denken. Wir sind nicht weit weg, dürfen uns aber keine großen Schwankungen erlauben. Deshalb möchte ich eine starke Abwehr mit Alternativen, damit nicht gleich alles zusammenbricht, wenn einer vor einem wichtigen Spiel ausfällt. Wenn man hinten steht, ist man schwerer zu schlagen.
Die Schwächen international im Rückraum sehen Sie nicht als so gravierend an?
Nicht unbedingt. Jede Nation hat ihre eigenen Probleme. Wenn man sich nur auf die negativen Seiten fokussieren will, kann man das machen. Die Kunst ist aber, das Beste rauszuholen, was möglich ist. Ich bin mir sicher, dass Deutschland von seinem Potenzial her in die richtige Richtung geht. Ich bin aber auch realistisch und weiß, dass in den letzten vier, fünf Jahren nur knapp über 50 Prozent der Spiele gewonnen wurden und ein paar Spieler im Kader lediglich zwischen null und 20 Länderspiele haben – deshalb wird die Entwicklung dauern.