Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Wie wahrscheinlich sind neue Auslandseinsätze in den nächsten Jahren?
Ich gehe derzeit davon aus, dass wir 2015 nur noch mit wenigen Soldaten auf dem Balkan sind und mit nicht mehr vielen in Afghanistan. Es kann aber auch anders kommen, in anderen Gebieten der Welt. Diese Ungewissheit ist Teil der soldatischen Existenz und gehört zum Kern der Sicherheitspolitik.

Wie sehen Sie Deutschlands Rolle in EU-Sicherheitspolitik und Nato in zehn Jahren?
In der Nato wird die Rolle der USA nicht mehr so dominant sein wie in der Vergangenheit. Die großen europäischen Länder werden mehr Verantwortung übernehmen, übernehmen müssen – das gilt auch für uns. In der EU sehe ich eine Kluft zwischen der Rhetorik und dem, was tatsächlich geschieht. Wir haben mit der „Anti-Piratenmission-Atalanta“ ein gut geführtes, militärisch erfolgreiches Mandat. Aber die europäischen Strukturen sind zu weit von Effektivität entfernt. Ich möchte die Sicherheitsstrukturen effektiver machen, bevor ich über weitere Schritte und eine neue Rolle Deutschlands nachdenke.

Bei der Euro-Rettung hat die Kanzlerin eine Führungsrolle. In der Finanzpolitik gibt es einen Sog zur Vergemeinschaftung von Verantwortung. Ist das ein Katalysator für die Sicherheitspolitik?
Wir sollten jetzt nicht übertreiben. Man muss jetzt nicht gleich die Verteidigungspolitik vergemeinschaften, sondern gute Führungsstrukturen schaffen. Darüber gibt es keine Einigkeit. In der Nato ist der Saceur als Oberbefehlshaber für Europa völlig selbstverständlich – ein EU-Pendant dazu ist derzeit nicht durchsetzbar. Mein Ehrgeiz sind nicht neue Forderungen nach mehr Gemeinsamkeit. Mein Ziel ist, das Beschlossene zu erreichen.

Haben Sie mit Finanzminister Schäuble schon über die wachsenden internationalen Anforderungen gesprochen und wie viele Milliarden er Ihnen dafür gibt?
Wenn ich die Kürzungspläne anderer Nationen sehe, bin ich recht zufrieden damit, wie wir im internationalen Vergleich dastehen. Die mittelfristige Finanzplanung bis 2016 ist auskömmlich.

Dann ist der Druck nicht so groß, dass Sie militärische Kooperationen anpacken – was Experten „Pooling and Sharing“ nennen?
Wir machen viele gemeinsame Projekte bei Beschaffung, Betrieb und Ausbildung. Da kooperieren wir mit drei, vier oder zehn Nationen. Aber von der Vorstellung, dass wir irgendwann keine Marine mehr haben und ein anderes Land uns diese Aufgabe komplett abnimmt, sind wir weit weg. Das wäre auch nicht sinnvoll.