Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Einige Ministerpräsidenten denken laut über einen Alleingang der Länder beim NPD-Verbot nach, falls Sie nicht mitziehen würden. Wäre das nicht blamabel?
Sollte die Beweislage für ein Verbot nicht ausreichen, wird die Bundesregierung sicher keinen Antrag stellen. Dann sollten sich die demokratischen Kräfte nicht auseinanderdividieren lassen.

Demnächst jährt sich der Tag, an dem wir erfahren haben, dass es einen Nationalsozialistischen Untergrund in Deutschland gab. Im Zuge der Ermittlungen und der Arbeit des Untersuchungsausschusses wurden eklatante Schwächen der Sicherheitsorgane offenbar. Wie ist Ihre Bilanz?
Die größte Schwäche, die erkennbar wurde, lag beim Informationsaustausch zwischen den unterschiedlichen Behörden und Ebenen der Sicherheitsorgane. Da haben wir auch schon gegengesteuert. Schon fünf Wochen nach Bekanntwerden der Mordserie haben wir ein gemeinsames Abwehrzentrum gegen rechte Gewalt gegründet. Zudem gibt es jetzt eine Rechtsextremismus-Datei, in die alle Behörden alle ihre Informationen für alle zugänglich einspeisen. Ich glaube, der verbesserte Informationsaustausch ist ein wichtiger Schritt.

Wäre das Terrortrio früher zu enttarnen gewesen, wenn es solche Institutionen schon vor Jahren gegeben hätte?
Die Wahrscheinlichkeit, dass wir solche Leute schnappen oder ihnen auf die Spur kommen, ist jedenfalls jetzt viel höher.

Für den Verfassungsschutz hatten Sie eine umfassende Reform angeregt. Doch die Länder ziehen nicht mit. Was lässt sich von Ihrem Konzept überhaupt realisieren?
Alles. Wir wollen die Zentralfunktion des Bundesverfassungsschutzes stärken. Da stimmen die Länder uns zu. Teil dieser Zentralstellenfunktion ist für mich ein zentrales Register für alle V-Leute. Zudem müssen wir unsere Arbeitsteilung verbessern. Ich habe entschieden, dass wir uns auf der Bundesebene auf den gewaltbereiten Extremismus und besonders gefährliche Phänomene konzentrieren. Der Bund sollte auch die Koordination eines Falles übernehmen, wenn mehrere Landesämter für Verfassungsschutz daran beteiligt sind.

Aber die Länder wollen sich doch definitiv nicht in ihre eigenen Zuständigkeiten pfuschen lassen. Kommt der Föderalismus bei der Sicherheit an seine Grenzen?
Ich bin mir sicher, dass die Länder erkannt haben, dass ein Zentralregister für V-Leute unverzichtbar ist. Wir müssen sicherstellen, dass die Länder überprüfen können, ob eine ihrer Zielpersonen, die sie beobachten, möglicherweise V-Mann einer anderen Behörde ist. Es ist zwingend, dass wir uns da einen Gesamtüberblick verschaffen. An dieser Notwendigkeit kommen auch die Länder nicht vorbei. Es geht nicht darum, dass wir den Ländern Kompetenzen wegnehmen wollen. Es geht lediglich darum, die Arbeit des Verfassungsschutzes besser zu koordinieren – und damit effektiver zu gestalten. Das ist in unser aller Interesse und die berechtigte Erwartung der Bürger.