Gesundheitsminister Jens Spahn, einer der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz, kritisiert im Interview die Diesel-Fahrverbote scharf. Diese seien unsozial, zudem würden Dieselfahrer teils „wie Verbrecher“ behandelt. Die Verantwortung sieht Spahn ganz woanders.

Berlin - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, einer der drei Bewerber um den CDU-Vorsitz, kritisiert die Praxis der Diesel-Fahrverbote scharf. Es handele sich dabei auch um „eine Gerechtigkeitsfrage“, sagte Spahn im Gespräch mit unserer Zeitung. „Bürger, die in bester Absicht ein Auto gekauft haben, müssen sich darauf verlassen können, dass sie damit auch überall fahren können.“ Spahn bezeichnete die Fahrverbote deshalb als „absolut unsozial“. Wer ein fünf oder zehn Jahre altes Auto habe, „kann sich eben meistens kein neues leisten“. Und getroffen würden „Pendler und Handwerker, die auf das Auto angewiesen sind“.

 

Spahn sieht die Autohersteller in der Verantwortung. „Idealerweise behebt die Industrie den ganzen Schaden, den sie verursacht hat“, sagte der CDU-Politiker. „Die Automanager müssen endlich kapieren, dass sie in dieser Sache massiv Vertrauen verloren haben und dass es mehr als warme Worte braucht, es zurückzugewinnen.“ Spahn kritisierte bei der Frage der NOx-Grenzwerte eine seiner Ansicht nach irrationale Fokussierung auf das Auto. „Alles den Dieselfahrern anzulasten, das geht nicht.“ In manchen Stellungnahmen würden sie „behandelt wie Verbrecher“, dabei hätten sie ein Auto gekauft, „zu dem die Politik sogar noch geraten hat“.

Attacke gegen die Grünen

Spahn, der am Dienstag zusammen mit den beiden anderen Bewerbern um den Parteivorsitz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz, zu einer CDU-Regionalkonferenz nach Böblingen kommt, forderte seine Partei zudem auf, ein wesentlich kritischeres Verhältnis zu den Grünen zu entwickeln. „Wir sind gegenüber den Grünen zu unkritisch“, sagte Spahn. „Wir sollten uns als CDU von einzelnen bürgerlichen Aushängeschildern nicht täuschen lassen.“

Im Video: Stichwort Dieselskandal und Fahrverbote – worum genau geht’s? Was wird den Autoherstellern vorgeworfen? Mit unserem Video können Sie mitreden.

So habe Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zwar oft recht, „wenn es um Migration, Integration und die Durchsetzung des Rechts geht“. Aber wenn es im Bundesrat darum gehe, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten auszuweiten, lehnten die Grünen das ab. „Jemand wie Herr Kretschmann ist auf einem grünen Bundesparteitag eben nicht mehrheitsfähig, weil dort vor allem Ideologen und Moralisten sitzen“, sagte Spahn. Das Europa-Wahlprogramm der Grünen stehe „ für mehr Umverteilung und Planwirtschaft“. Deshalb solle die CDU „die Grünen nicht per Blanko-Scheck zu einer bürgerlichen Partei erklären“.

Kramp-Karrenbauer kritisiert Merz

Derweil verschärft sich der Ton zwischen den beiden anderen und im Rennen um die Kandidatur leicht favorisierten Kandidaten. Friedrich Merz hatte geäußert, die CDU habe die Erfolge der AfD „mit einem Achselzucken“ zur Kenntnis genommen. Darauf antwortete Annegret Kramp-Karrenbauer am Wochenende mit der Bemerkung, dies sei „ein Schlag ins Gesicht“ für all diejenigen in der CDU, die seit Jahren gegen die AfD Haltung zeigten.