Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)


Sie haben erst am vergangenen Freitag die Aufnahmearbeiten für das neue Album abgeschlossen. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie in New York aus dem Studio gingen?
Es war etwas seltsam, weil wir tagsüber noch aufgenommen haben und abends weggeflogen sind. Wir mussten zwischendurch sogar noch unsere Koffer packen. Es war ein wenig surreal, dann am nächsten Morgen schon in Paris zu sein.

Wie inspirierend war der Blick vom Studio über die Skyline von New York?
Das ist wirklich ein unglaubliches Studio. Es heißt Jungle City und gehört Alicia Keys. Beyoncé hat gleichzeitig im Studioraum nebenan aufgenommen. New York ist eine sehr inspirierende Stadt, um ein Album aufzunehmen. Als Kontrastprogramm haben wir die andere Hälfte des Albums in Santa Barbara aufgenommen. In einem dunklen Raum ohne Fenster – und dann gehst du raus, um eine Zigarette zu rauchen, und es ist purer Sonnenschein. Aber Kalifornien ist längst nicht so inspirierend und beeindruckend wie New York.

Haben Sie Beyoncé denn im Studio nicht gleich mal gefragt, ob sie bei einem Song von Depeche Mode mitsingen will?
Ich habe sie im Lift getroffen, sie hatte einen riesigen Securitymann bei sich, und sie war fantastisch zurechtgemacht – schon vormittags. Sagenhaft!

Lagen Sie mit den Albumaufnahmen im Plan?
Wir sind sogar zwei Wochen früher fertig geworden als geplant. Unglaublich!

Kommen wir zur anstehenden Tournee. Wie schaffen Sie es, in die richtige Stimmung zu kommen? Schon in der Vorbereitung, oder geschieht dies erst auf Tour?
Es dauert fünf, sechs Shows, bis du in den richtigen Swing kommst. Aber da ich mittlerweile der Einzige bei Depeche Mode bin, der noch was trinkt, sind wir auf der Bühne auch weitaus professioneller geworden. Deshalb ist dem Publikum garantiert, dass es jeden Abend 99,9 oder hundert Prozent bekommt. Früher gab es Tage, an denen du Pech haben konntest. (lacht)

Haben Gore und Gahan Sie überzeugt, auch mit dem Trinken aufzuhören?
Nein. Glücklicherweise.

Auf Ihrer Tour treten Sie auch in Weißrussland auf. Nun weiß jeder, dass Depeche Mode keine politische Band ist. Aber gibt es nicht trotzdem eine Verpflichtung für Künstler, etwas zu den politischen Verhältnissen zu sagen, wenn man dort auf der Bühne steht?
Nein. Privat interessieren wir uns für Politik, aber in unsere Musik lassen wir sie nicht hinein. Wir spielen in Weißrussland, weil wir auch dort viele Fans haben. Nur das ist der Grund. Andere Künstler beschäftigen sich bewusst mit politischen Themen, wir nicht.

Es gibt auf dieser neuen Tournee nur eine einzige Show in Ihrer Heimat England, in London. Warum?
Das kann ich nicht sagen. Momentan überlegen wir, was wir nach den schon angesetzten Shows machen: ob wir nach Europa zurückkommen oder noch mal in Amerika touren. Aber da ist noch nichts entschieden.