Das Stuttgarter Comedyduo "Die Kleine Tierschau" will in einem Zirkuszelt am Marienplatz subversiv am Rädchen drehen.  

Stuttgart - Die Feierlichkeiten der Kleinen Tierschau zu ihrem dreißigjährigen Bestehen nehmen kein Ende: Vom kommenden Donnerstag an gastieren Michael Gaedt und Michael Schulig mit ihrer Best-of-Show "Menschen, Tierschau, Sensationen!" fast vier Wochen lang in einem Zirkuszelt am Stuttgarter Marienplatz.

 

Herr Gaedt, Herr Schulig, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Zirkuszelt auf dem Marienplatz aufzustellen?

Michael Schulig: Wir haben ein hübsches, romantisches Ambiente gesucht. Da war der Marienplatz die erste Wahl.

Michael Gaedt: Und dann hat sich herausgestellt, dass es viele Fans gibt, die tatsächlich nicht bei unserer Jubiläumsshow in der Schleyerhalle waren - obwohl sie ausverkauft war. Dann gab es zwei Möglichkeiten: entweder das Stadion zu buchen oder etwas ganz Kleines, Intimes zu machen. In dem kleinen Bonanza-Zirkuszelt mit seinen gerade mal dreihundert Plätzen bist du halt total nah dran an den Leuten.

Schulig: Eigentlich wollten wir schon in der Schleyerhalle eine Rundbühne in der Mitte haben. Irgendwie konnten wir das nicht realisieren. Aber jetzt haben wir ja das Rund der Manege und bauen das Publikum drumrum und spannen ein Zelt drüber.

Ist es nicht riskant, so ein Spektakel mitten in den Sommerferien zu veranstalten?

Gaedt: Es wäre ein Risiko, wenn es nicht "Die Kleine Tierschau" wäre. Es haben nur zwei Stuttgarter Künstler die Schleyerhalle voll gemacht: die Fantas und wir. Und wenn ich mir jetzt die Plakatierung in Stuttgart angucke, dann lacht mir das Herz.

Was macht die Kleine Tierschau zum Zirkus?

Sie haben überall Zirkusplakate aufgehängt. Was macht Sie denn zum Zirkus?

Schulig: Wir haben den letzten frei laufenden Ostalbtiger und Kleintiere. Deshalb heißen wir ja "Die Kleine Tierschau": Unsere Kröten und Lurche benehmen sich ganz gut. Und Tanzmäuse haben wir auch.

Sie nennen das Programm "Menschen, Tierschau, Sensationen!"...

Schulig: ... wer ist jetzt wer?...

... was sind die Sensationen?

Gaedt: Wir haben unseren dreißig Jahre umfassenden Katalog durchgeforstet und dabei Nummern entdeckt, die supergut in den Zirkus heineinpassen. Wir haben zirzensische Meisterleistungen: Messerwerfen, Akrobatik, Pudel, die Salto schlagen...

Schulig: ...Freakshow, den kleinsten Riesen der Welt, Kunstfurzer...

Gaedt: ... das alles sind Sensationen.

"Das ist ein Traum, der wahr wird."

Aber die haben Sie alle schon gezeigt. Wann ist es genug mit dem Best-of-Recycling?

Gaedt: Wir haben im Januar die Schleyerhallen-Show gemacht, und wir machen jetzt das Zeltspektakel. Das ist es dann. Man muss sich keine Sorgen machen, dass die Kleine Tierschau zu einer selbst befruchtenden Recyclinganlage wird.

Schulig: Das Spektakel mit dem Zelt ist eine logistische Aufgabe, die uns so in Beschlag nimmt, dass keine Zeit bleibt, um neue Nummern zu machen. Obwohl: wir haben diesmal ja die Band nicht dabei. Dadurch, dass wir das ganze Programm nur zu zweit stemmen, wird es noch ein bisschen schräger: Wir machen jetzt Bombastrock mit der Wanderklampfe.

Wenn Sie vor dreißig Jahren geahnt hätten, dass Sie im Sommer 2011 im Zirkuszelt am Marienplatz landen, hätten Sie dann...

Schulig: ...lieber was Anständiges gelernt?

Gaedt: Das klingt komisch, aber ich meine es ganz ehrlich: Das ist ein Traum, der wahr wird - du fährst durch Stuttgart, und an jeder Ecke winken dir deine Plakate zu. Das ist unfassbar: Die ganze Stadt pumpt und vibriert und tut und macht und freut sich darauf.

Schulig: Vielleicht sind wir auch einfach ganz bodenständige Schwaben, denn diese Kontinuität ist ja ein Traum: dreißig Jahre ungekündigt in der gleichen Position - ich immer rechts außen auf der Bühne.

Tröstet Sie Ihr Kultstatus in Stuttgart darüber hinweg, dass Sie außerhalb Stuttgarts nicht ganz so berühmt geworden sind?

Gaedt: Es ist nie zu spät, um aus "Lieber doof sein, als Gabi heißen" einen Nummer-eins-Hit zu machen. Jetzt wird die Zeit reif, subversiv am Rädchen zu drehen, damit sich die ganze Republik mal wieder über den Schwaben amüsiert. Und es könnte sein, dass wir ausersehen sind, diese Position zu übernehmen.

"Unsere Partnerwahl ist Schicksal."

Wenn man drei Jahrzehnte auf der Bühne hinter sich hat...

Gaedt: ... dann hat man ja auch noch mal drei Jahrzehnte vor sich ...

... Das ist Ihnen zu wünschen. Aber was haben Sie Stuttgart vermittelt?

Schulig: Naja, wir waren dreißig Jahre lang weg von der Straße. Wir waren vernünftig und sind auf die Bühne gegangen.

Gaedt: Alle unsere Shows waren immer auch ein Kommentar zur Zeit. Derzeit lautet er: Habe keine Angst! Komm zu uns in den Zirkus und habe keine Angst!

Schulig: Im Prinzip ist's ja so: Dann hast du halt Angst - traue dich trotzdem!

Wie kommen Sie nach dreißig Jahren eigentlich miteinander klar?

Schulig: Vielleicht ist's so wie bei Brüdern.

Gaedt: Der Zeitpunkt der Partnerwahl liegt schon so lange zurück - jetzt kommt's uns schon wie Schicksal vor. Womit wir fast wieder beim Zirkus wären.

Die Kleine Tierschau und ihre Show

Geburtstag

1981 haben drei Schulfreunde in Heubach (Ostalbkreis) "Die Kleine Tierschau" gegründet. Seit dem Programm „Onkel Rock ’n’ Roll“ (2009) treten die beiden Mittfünfziger Michael Gaedt und Michael Schulig ohne Ernst Mantel auf, der das Comedytrio verlassen hat.

Termine

Premiere im Zirkuszelt am Marienplatz ist am Donnerstag, 18. August, um 19.30 Uhr.