Wann haben Sie realisiert, dass Sie selber als ,,anders“ galten?
Dass zwischen Schwarzen und Weißen unterschieden wurde, war mir seit frühester Kindheit bewusst. Was dieser Unterschied wirklich bedeutete, wurde mir allerdings erst klar, als ich fürs Studium in den Süden zog. Ich war schockiert, als ich an den Sitzen in den Bussen die Schilder mit der Aufschrift ,,Farbige“ sah. Als Sie den Erfolg von ,,Black Panther“ erwähnten und den Umstand, dass es in der Popkultur viele schwarze Stars gibt, musste ich an die Bilder gelynchter Schwarzer denken. Die wurden als Postkarten verkauft. Wir sind noch weit vom Ende von Rassismus und Hass entfernt. Es geht keine Woche vorüber, ohne dass ein weißer Polizist einen Schwarzen erschießt. Ich warte auf den Tag, an dem einem Weißen von einem weißen Polizisten in den Rücken geschossen wird.
Das kann nicht Ihr Ernst sein.
Naja, sagen wir: ins Fußgelenk geschossen wird. Jedenfalls warte ich auf den Tag, an dem ein weißer Polizist für den Mord an einem Schwarzen verurteilt wird. Den werde ich vermutlich nicht mehr erleben. Ich habe einen fünfundfünfzigjährigen Sohn. Wäre er heute ein Kind, würde ich täglich Todesängste um ihn ausstehen.
Was halten Sie von der Bewegung #Black Lives Matter?
Bewegungen wie diese geben mir Hoffnung. Dazu gehören auch die High-School-Studenten, die gegen Schusswaffengewalt mobil machen. Diese jungen Leute scheinen ihre Sache ernst zu nehmen und Aktivismus nicht einfach als vorübergehendes Hobby zu betrachten. Sie rücken Politikern auf den Leib. Sie sind die Zukunft, nicht die Geister der Vergangenheit, die den Senat und den Kongress bevölkern. Sie scheinen auch von den Vorurteilen älterer Generationen frei zu sein.
In dem Essayband „Die Herkunft der anderen“ beschreiben Sie, wie in Ihrer Kindheit bei der sonntäglichen Kollekte in der Kirche jeweils ein kleiner Teller „für die Erlösung, die Errettung Afrikas“ durch die Reihen ging. Welche Rolle hat dieses mythische Afrika in Ihrer Vorstellung gespielt?
Ich konnte damit nie viel anfangen. Umso weniger, als unser Bild von Afrika nur eine weitere Projektion in der langen Reihe ist, die von Joseph Conrad bis Albert Camus und darüber hinaus reicht. Ein Märchen, das wieder und wieder erzählt und zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt werden kann.
Damit wären wir wieder bei „Black Panther“ und Wakanda, dem afrikanischen Eden, das darin beschworen wird.
Ein Cartoon, ein Comic, ich sage es ja. Damit macht man keine Politik. Wir haben einen Präsidenten, der außer wüsten Beschimpfungen keinen kohärenten Satz formulieren kann, der je nach Uhrzeit Nordkorea, Iran, Syrien oder Russland zu bombardieren droht und dessen geistige Fähigkeiten generell nicht über die eines zurückgebliebenen Primaners hinausreichen.
Welches Lehrbuch würden Sie Donald Trump empfehlen?
Er muss mit dem Alphabet beginnen. Als ich klein war, gab es eine Serie von Lernfibeln mit dem Titel „Alice and Jerry“. Ich habe meinen Roman „Sehr blaue Augen“ mit einer Zeile daraus eröffnet: „Hier ist das Haus. Es ist grün und weiß. Es hat eine rote Tür. Es ist sehr hübsch.“
Zumindest das hübsche Weiße Haus würde Donald Trump wiedererkennen.
Ich verstehe nicht, wie dieses Land ihn dorthin bringen konnte. Ich bin jetzt 87 Jahre alt. Am Ende von Trumps Amtszeit werde ich 91 sein. Die Vorstellung erschreckt mich. Aber glauben Sie mir: Ich werde alles tun, um diese historische Entgleisung zu überleben.