Wieso befindet sich ausgerechnet hier so eine starke Sprachgrenze?
Wir wissen es nicht genau. Wir können es nur beschreiben. Wenn man sich das anschaut, wie sich die Leute heute im Raum verhalten, wo sie hinfahren, welche Zeitung sie lesen, wo sie einkaufen fahren, Konzerte besuchen, welche weiterführenden Schulen sie nutzen. Die Crailsheimer und die Ellwanger, die treffen sich höchstens auf Mallorca. Das ist völlig getrennt, eine psychologische Grenze. Da geht man nicht hin. Basta. Das tut man nicht aus bösem Willen. Der Ellwanger sagt, vielleicht selber verblüfft: In Hall war ich noch gar nie. In Crailsheim? Da war ich noch gar nie.

Wo fährt der Ellwanger dann hin?
Nach Aalen. Und dann nach Stuttgart oder nach Ulm. Er bewegt sich im schwäbischen Raum. Diese Dialektgrenze wird weiter bestehen in den nächsten Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten. Weil die Räume offenbar psychologisch so stark getrennt sind, dass sich das nicht verändert. Wenn ich in Ellwangen in den IC Richtung Stuttgart steige, ist der knallvoll, fahre ich Richtung Nürnberg, ist er leer. Das geht bis zum Fußball. Man ist VfB-Fan, gehe ich über die Grenze, beginnen die Clubberer-Fans.
Das Gespräch führte Susanne Veil. Zur Person: - Hubert Klausmann lehrt an den Universitäten Tübingen und Bayreuth. Er widmet sich seit mehr als 30 Jahren der Erforschung der südwestdeutschen Sprachlandschaften. Er hat Bücher und Aufsätze über die Mundarten Baden-Württembergs, des Elsass, Vorarlbergs und Liechtensteins, Bayerns und Tirols veröffentlicht. Außerdem hat er den „Kleinen Dialektatlas von Baden-Württemberg“ mitverfasst.