Gemeinschaftsschulen sind hierzulande für viele ein rotes Tuch. Ekkehardt Klug, Kultusminister von Schleswig-Holstein, sieht das ganz anders.

Kiel - Schleswig Holstein hat Erfahrung mit dieser Schulform, die einst von der SPD eingeführt wurde. Kultusminister Ekkehard Klug (FDP) steht zu dem Erbe.

 

Herr Klug, der Flächenstaat Schleswig-Holstein hat vor fünf Jahren die ersten sieben Gemeinschaftsschulen eingeführt. Heute haben Sie 135 Schulen dieser Art. Selbst auf Fehmarn gibt es eine. Wie klappte die Einführung?

Die Gemeinschaftsschule findet eine hohe Akzeptanz im Land. Die Kommunen sehen in ihr die Chance, ihren Schulstandort attraktiver zu machen. Zweitens sind die Eltern froh darüber, dass sie sich bei der Wahl einer Schulart für ihr Kind nicht allzu früh festlegen müssen. Und drittens sind auch die Lehrkräfte zufrieden. Das Spektrum der Schülerschaft ist breiter geworden, und viele sehen darin eine Herausforderung zur pädagogischen Weiterentwicklung der Schule. Am Anfang gab es sicher auch Nachdenklichkeiten bei denen, die noch unerfahren darin waren, die Kinder differenziert zu unterrichten. Im ersten Jahr sind die Schulen allerdings von Beratern unterstützt worden.

Gab es gar keine Probleme?

Es gab einzelne Lehrkräfte, die Probleme mit den unterschiedlichen Unterrichtsverpflichtungen entsprechend ihrer Laufbahn hatten. Seit dem Jahr 2010 haben aber alle Lehrkräfte an Gemeinschaftsschulen eine Unterrichtsverpflichtung von 27 Wochenstunden.

Leistungsstarke und motivierte Schüler sitzen mit schwächeren Kindern in einer Klasse. Wie funktioniert das Miteinander?

Es klappt gut. In dieser Schulart werden die Schüler von Jahrgang fünf bis Jahrgang zehn unter einem Dach zum Hauptschulabschluss, zum mittleren Abschluss oder zum Übergang auf die gymnasiale Oberstufe geführt. Die Gemeinschaftsschule steht allen Kindern offen, und den unterschiedlichen Stärken der Schüler wird Rechnung getragen: einmal im binnendifferenzierten Unterricht, das heißt, die Kinder und Jugendlichen werden dort weitestgehend gemeinsam in einer Lerngruppe unterrichtet. Zum anderen werden Lerngruppen angeboten, die nach Neigung und Leistungsfähigkeit der Schüler differenzieren. Schließlich gibt es auch "abschlussbezogene Klassenverbände". Jede Schule entscheidet selbst darüber, welche Unterrichtsform sie anbietet.

Haben Sie noch Reformbedarf bei den Gemeinschaftsschulen?

Auch in den kommenden Jahren wird es darum gehen, das Profil dieser Schulart zu schärfen, etwa durch die Ausgestaltung der Wahlpflichtangebote.

Gibt es eine Mindestgröße für die Schulform der Gemeinschaftsschule, muss sie zweizügig sein?

Wir in Schleswig-Holstein haben die Erfahrung gemacht, es sollten mindestens 300 Schüler in der Sekundarstufe I sein. Daraus ergibt sich wiederum mindestens eine Zweizügigkeit, auch wenn sie nicht zwingend vorgeschrieben ist.

Ein Historiker im Schulressort

Liberal Nach dem Platzen der Großen Koalition 2009 kam in Kiel Schwarz-Gelb an die Regierung. Das Ressort für Bildung und Kultur erhielt Ekkehard Klug, der seit 1992 für die FDP im Kieler Landtag sitzt.

Bodenständig Der Liberale Klug (55) stammt aus Kiel, studierte dort Osteuropäische Geschichte und promovierte über "Das Fürstentum Tve'r - 1247 bis 1485". Er habilitierte und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Kiel, bevor er Minister wurde.