Woran krankt Brasilien?
Großes Problem sind Sportveranstaltungen wie die Fußballweltmeisterschaft und die Olympischen Spiele 2016. Es werden nur Sportstätten und die Straßen dorthin gebaut. Alles andere leidet darunter.
Gab es denn andere Planungen?
Es gibt Förderprogramme in anderen Regionen Brasiliens. Doch das dümpelt alles vor sich hin oder ist auf Eis gelegt. Es geht da um einige Milliarden, die ursprünglich für den Aufbau der Wirtschaft geplant waren und jetzt umgeleitet sind in den Sportstättenbau. Der brasilianische Staat sollte sich fragen, ob er das Geld richtig einsetzt. Die sportlichen Großereignisse sind nur Strohfeuer. Es entstehen keine nachhaltigen Wirtschaftsstrukturen und keine langfristigen Arbeitsplätze. Ich glaube nicht, dass der brasilianische Fahrzeugmarkt in den nächsten Jahren deutlich anziehen wird.
Wie müsste die Förderung aussehen?
Wir bauen zum Beispiel gerade eine abschirmtechnische Produktion in Südafrika auf. Der Staat hat klare Förderprogramme – wenn ein Hersteller 60 oder 70 Prozent von nationalen Zulieferern bezieht, ist er von bestimmten Einfuhrzöllen befreit. Damit ziehen die Fahrzeughersteller ihre Zulieferer ins Land. Wir werden – wenn wir eine bestimmte Anzahl an Arbeitsplätzen zusichern – zusätzlich vom südafrikanischen Staat unterstützt. Solche Programme sind sinnvoll, sie kosten den Staat aber Geld. In Brasilien ist dafür kein Geld übrig. Der Sportstättenbau schafft kurzfristig Arbeitsplätze – und das häufig für schlecht bezahlte Fremdarbeiter.
Bleiben also die Wachstumsmärkte USA und jetzt auch Europa.
Unsere Werke in Europa sind wieder deutlich besser ausgelastet. In Spanien und Portugal werden mehr Autos gekauft, und auch Italien läuft ganz gut. Aber wir befinden uns auf einem niedrigen Niveau. Freude macht dagegen der US-Markt. Dort stehen die Käufer quasi Schlange. Ich hätte nie gedacht, dass sich dieser Markt so schnell berappelt. Insgesamt wird sich das globale Wachstum aber eher etwas verlangsamen – und um zwei bis drei Prozent zulegen. Elring-Klinger wird aber zwischen fünf bis sieben Prozent wachsen.
Es ist erstaunlich, wie konstant der Zulieferer Elring-Klinger in den vergangenen Jahren gewachsen ist.
Das hat viel mit Innovationen zu tun. Nehmen Sie einen Euro-6-Lkw-Motor, der seit Anfang 2014 verbindlich in Europa und den USA vorgeschrieben ist. Für den Vorgängermotor haben wir die Zylinderkopfdichtung geliefert. In den neuen Motor liefern wir neben der Zylinderkopfdichtung auch die Ventilhaube und die Ölwanne. Bei gleicher Lkw-Zahl erhöht sich unser Umsatz also deutlich. Unsere Strategie ist, Teile anderer Zulieferer zu substituieren oder für unsere Teile alternative Anwendungen zu finden.
Normalerweise bauen sich Autohersteller Zweitlieferanten auf.
Mit dem Thema haben wir immer mal zu kämpfen, dass ein Kunde sagt, wir seien zu stark geworden. Da wir technisch anspruchsvolle Produkte haben und innovativ sind, bekommen wir dennoch die Aufträge. Unser Markt ist bereits hoch konsolidiert. Im Bereich Zylinderkopfdichtungen gibt es nicht mehr viele andere Hersteller. Wen wollen sie da aufbauen?
Aber gerade deswegen.
Ein großer deutscher Fahrzeughersteller hat einmal versucht, einen Wettbewerber als Alternativlieferanten aufzubauen. Es hat aber nicht funktioniert – und Elring-Klinger hat den Bereich dann aufgekauft. Heute haben wir zum Beispiel bei Zylinderkopfdichtungen in Europa einen Marktanteil von 80 Prozent und weltweit von 70 Prozent. Unser Geschäft ist hochinnovativ und kapitalintensiv. Wir brauchen Masse, um die Maschinen auszulasten. Erst dann rechnet es sich.
Das dürfte eine komfortable Situation bei den Preisgesprächen mit den Autoherstellern sein.
Vergnügungssteuerpflichtig sind die Gespräche nicht. Aber wir haben uns als Entwicklungspartner positioniert und deshalb eine gute Ausgangslage.
Von den Sparprogrammen der Hersteller spüren Sie noch nichts?
Ich habe noch nichts gehört.