Lassen Sie uns bei dem Beispiel bleiben: Wenn Sie von Investitionen und Wertschöpfung in Afrika sprechen, müsste die Rösterei aus Bremen oder Hamburg eigentlich abwandern, was kaum populär sein dürfte.
Um unseren Wohlstand eine Mauer zu bauen, wird nicht funktionieren. Am Ende müssen alle Seiten profitieren. Ein Beispiel: Die deutsche Firma Krones hat in Kenia eine moderne Fabrik zur Saftverarbeitung errichtet. Zehntausende Bauern haben direkte Lieferverträge für Mangos. Der Saft wird dort hergestellt und in Europa verkauft. Das ist eine ganz klassische Win-win-Situation, in die Richtung muss es gehen. Für Nordafrika brauchten wir eine Art gemeinsamen Wirtschaftsraum.
Wir erleben derzeit wieder Hungersnöte in Afrika – das Gegenteil einer Entwicklung, wie Sie sie sich erhoffen.
Die Lage in Ostafrika ist wegen der anhaltenden Dürre dramatisch. Rund zehn Millionen Menschen am Horn von Afrika stehen vor dem Hungertod – und es wird täglich schon gestorben. Kriegsbedingt hungern die Menschen im Südsudan und rund um den Tschadsee. Um die Menschen in diesen Gebieten zu versorgen, benötigen die Hilfsorganisationen rund fünf Milliarden Euro – es kann doch nicht sein, dass der UN-Generalsekretär dafür betteln muss.
Wie erklären Sie sich, dass wir mancherorts über zusätzlich zweistellige Milliardensumme für die Rüstung reden und in einer solchen Krise die Helfer immer noch mit dem Klingelbeutel herumlaufen müssen?
Das kann ich nicht. Das ist einfach nur beschämend. Präsident Donald Trump will den US-Rüstungsetat um 54 Milliarden US-Dollar erhöhen, aber gleichzeitig die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit um 28 Prozent kürzen. Ein anderes Beispiel sind Konzerne wie Apple, die – ohne Steuern in Europa zu zahlen – ein Vielfaches dessen an Gewinn machen, was die Welt für die humanitäre Hilfe benötigt. Es ist Aufgabe der Politik, da einen anderen Rahmen zu setzen.
Schaut Deutschland zu sehr auf sich selbst oder hat sich die Perspektive auf die Welt während ihrer Amtszeit geändert?
Die Kanzlerin hat das Weltgeschehen im Blick. Bei internationalen Gipfeln ist sie die zentrale Persönlichkeit Europas.
Für einen CSU-Mann könnte das fast als Schwärmerei für Merkel durchgehen...
Ich weiß, was sie leistet. Wer die Pressekonferenz mit Trump verfolgt hat, muss die Souveränität bewundern, mit der sie dort aufgetreten ist. Auf so eine Regierungschefin kann man schon stolz sein. Ihr internationaler Einfluss, der auch deutschen Unternehmen Türen öffnet, wird in Deutschland gar nicht so wahrgenommen.