Die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Eva Lohse, fordert mehr Unterstützung für die Kommunen zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms. Vor allem Asylbewerber vom Westbalkan ohne große Chance auf Anerkennung sollen rascher zurückgeführt werden.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Stuttgart. - Das Gefälle von armen und reichen Kommunen wächst. Auswege führen nur über den Bund und die Länder. Deren Hilfe wird auch benötigt, um den Ansturm von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu bewältigen, wie die Christdemokratin Eva Lohse versichert.
Frau Lohse, ist es vom politischen Gewicht her ein Unterschied, ob ein CDU-Mitglied oder ein Sozialdemokrat an der Spitze des Deutschen Städtetags steht?
Wir als Städte wissen, dass wir vor allem mit einer Stimme sprechen müssen. Und wir sind mehr an der Sache orientiert als an Parteipolitik.
Welchen politischen Wert messen Sie dem Amt bei, wie groß ist Ihr Einfluss?
Nach der Verfassung sind wir Teil der Länder. Wir sitzen deshalb nicht institutionell am Tisch, wenn Bundesgesetze erlassen werden, auch wenn wir bestimmte Anhörungsrechte haben. Deswegen ist es wichtig, rechtzeitig bevor Gesetzesvorhaben im Parlament beraten werden, unsere Auffassung deutlich zu machen. Die Expertise aus den Kommunen ist notwendig, damit bei den Gesetzen die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden. Der Städtetag wird da deutlich gehört – wie gerade bei der Beratungen mit Bund und Ländern zum Asylverfahren.
Die unterschiedliche Finanzlage der Kommunen ist ein Dauerbrenner. Da erscheint der Städtetag eher wie eine Finanzgemeinschaft – nicht wie eine Wertegemeinschaft?
Der Städtetag ist natürlich eine Wertegemeinschaft. Wir haben tatsächlich ein immer größeres Gefälle zwischen armen und reichen Kommunen. Das ist ein Problem, wenn es die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland in Frage stellt. Daher wollen wir nicht zulassen, dass die Unterschiede größer werden.
Helfen könnte ein interkommunaler Finanzausgleich – wie kann der aussehen?
Ein inter-kommunaler Finanzausgleich kann ja nur auf Länderebene organisiert werden; der Deutsche Städtetag spricht dagegen mehr die Bundesebene an. Da laufen aktuell die Gespräche über die Reform der föderalen Finanzbeziehungen. Dabei wollen wir die Leistungsfähigkeit der Kommunen gestärkt wissen. Das geht nur, wenn sie nachhaltig von Sozialausgaben entlastet werden – das würde uns auch helfen, die großen Unterschiede ein Stück weit auszugleichen. Wir brauchen auch dringend Geld, um Investitionsrückstände abzubauen. Und gerade für die notleidenden Städte, die unter Haushaltsaufsicht stehen, möchten wir eine Perspektive zum Abbau von Altschulden.
Das Missverhältnis von Sozialausgaben und Investitionen blockiert den Weg in die Zukunft?
In vielen Städten ist aus dem Investitionsetat ein Sozialhaushalt geworden. In diesem Zusammenhang plädieren wir für eine zielgenaue Förderung von strukturschwachen Kommunen und Regionen. Daran sollte auch in der Diskussion über die föderalen Finanzbeziehungen gearbeitet werden. Ein gutes Beispiel ist aktuell das zugesagte Investitionsprogramm für strukturschwache Kommunen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Der Bund hat das Paket an Kriterien gebunden – nämlich an die Höhe der Kassenkredite und die Arbeitslosenzahlen. Das ist ein gangbarer Weg.
Werden die kommunalen Belange bei der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen schon ausreichend berücksichtigt?
Leider sitzen wir nicht am Verhandlungstisch. So müssen wir flankierend immer wieder deutlich machen: Eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen ist für die Lebenschancen der Menschen essentiell.