Der Chef des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), fordert nach der Griechenland-Wahl von der EU eine Antwort auf die sozialen Fragen in den Krisenländern. Einen Euroaustritt Athens befürchtet er nicht.

Berlin - Einen Euroaustritt Athens wird es nach Ansicht des Chefs im Auswärtigen Ausschuss nicht geben. Das könne sich Alexis Tsipras nicht leisten.
Wie weit kann die neue griechische Koalition gehen, wo ist für Europa die Grenze?
Die Herausforderungen in Europa lassen sich nicht durch Konfrontation lösen, sondern indem alle Seiten einsehen, dass sie sich einigen müssen. Ich bin ganz sicher, dass die neue griechische Regierung das sehr rasch erkennen wird, weil sie anders die Anliegen ihrer Wähler nicht respektabel vertreten kann. Aber auch die Europäer müssen glaubwürdig sein und den Griechen deutlich machen, dass sie bestrebt sind, Griechenland in eine gute Zukunft zu führen. Im Streit geht das nicht.
Die Töne aus Athen bleiben nach der Wahl radikal, die Hoffnung auf Mäßigung scheint sich zu zerschlagen. Kann sich Europa einen Euroaustritt Griechenlands leisten?
Die Frage stellt sich so nicht, weil das beide Seiten nicht wollen. Nach einem Wahlkampf mit populistischen Tönen kann man nicht erwarten, dass sich schon nach wenigen Stunden die Tonlage ändert. Es ist völlig klar, dass schon im nächsten Monat Entscheidungen getroffen werden müssen, die für Griechenland existenziell sind. Die notwendige Konfrontation mit der Wirklichkeit wird also früh genug erfolgen. Wir müssen uns aber schon auch die Zeit nehmen, dieses Wahlergebnis zu interpretieren. Die Griechen haben ja nicht so sehr für eine linkspopulistische Politik gestimmt. Sie haben vor allem eine große Verzweiflung zum Ausdruck gebracht. Die Europäer müssen sich deshalb bemühen, die politische Mitte wieder zu stärken.
Was heißt das?
Griechenland bestätigt einen Trend, den wir auch in anderen Ländern beobachten. In Spanien liegen Linkspopulisten auch auf Platz eins. In Frankreich liegt Frau Le Pen vorn. Das müssen die Parteien der Mitte ernst nehmen. Wir müssen Antworten auf die sozialen Fragen finden. Allein schon die Jugendarbeitslosigkeit von bis zu 50 Prozent wird auf Dauer zu einem Demokratieproblem. Deshalb müssen unausweichliche Reformen einhergehen mit Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen. Reformen müssen für die Menschen erträglich sein. Sonst kann das nicht funktionieren. Populisten setzen auf Menschen ohne Hoffnung.