Literatur ist für Felicitas Hoppe ein Wunschraum, in dem man sich verlieren kann. Am Samstag erhält sie den Büchnerpreis.

Kultur: Stefan Kister (kir)
Stuttgart Felicitas Hoppe reist viel. Am weitesten ist sie bisher mit den Mitteln der Einbildungskraft gekommen: bis nach Darmstadt, wo ihr der wichtigste deutsche Literaturpreis verliehen wird. Doch ihr Weg war nicht ohne Gefahren.
Frau Hoppe, was jetzt mit dem Büchnerpreis bekrönt wird, begann einmal in Esslingen, wo sie das Bahnwärterstipendium innehatten.
Da war ich im Jahr 1996. Im Frühjahr des gleichen Jahres erschien mein erstes Buch. Das Bahnwärterhaus war schon eine ganz besondere Sache. Das ist Deutschlands meistbefahrene Bahnstrecke, an der ich da gelebt habe.

Sie landen häufig an absonderlichen Orten.
Das stimmt. Das kann man nur dadurch überstehen, indem man das für sich ins Positive wandelt. Für mich war das in Esslingen auch eine Studie. Durch das Klappern des Geschirrs im Schrank konnte man feststellen, welche Art Zug dort fuhr. Der Grad des Zitterns und der Vibration hat mir nach einer Weile genau mitgeteilt, ob das nun eine S-Bahn oder ein Intercity ist. Das war eine Lehre in Sachen Bahn, Züge, Tempo.

Zum Büchnerpreis gehört ja, ein ganz persönliches Bekenntnis zu dem Namensgeber abzulegen. Ist es nicht auch ein wenig schrecklich, wenn man sein eigenes Schreiben in dem eines anderen spiegeln muss?
Mein Leib-und-Magen-Autor von den Älteren ist eigentlich Kleist. Aber ich habe die letzten Wochen damit verbracht, noch einmal Büchners Texte und seine Briefe zu lesen. Man lernt da viel über Deutschland zu dieser Zeit. Man muss sich ja nicht gleich in einen unmittelbaren Zusammenhang mit Büchner stellen. Ich habe natürlich auch andere Büchnerpreisreden gelesen. Das ist ein Spaziergang durch die Geschichte unserer Republik. Es ist sehr aufschlussreich, zu sehen, wer sich wann wie verhält.

Welche Seite Büchners entspricht Ihnen?
Das verrate ich noch nicht. Ich schreibe ja keine politischen Pamphlete. Da wäre es höchst seltsam, wenn nun etwas von mir käme im Sinne von „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“. Ich habe den Preis dafür bekommen, dass ich immer gemacht habe, was ich für richtig halte. Literatur ist einer der wenigen Freiräume, die wir haben. Dem fühle ich mich mehr verpflichtet als einer politischen Botschaft.