Der Abgeordnete Frank Schäffler hat der FDP-Spitze einen Mitgliederentscheid über die Euro-Rettung aufgezwungen. Er sagt, die Banken erpressen den Steuerzahler.

Stuttgart - Der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hat der FDP-Spitze einen Mitgliederentscheid über die Euro-Rettungspläne der Bundesregierung aufgezwungen. Im Interview der StZ erklärt der Finanzexperte, weshalb er den schwarz-gelben Kurs für völlig falsch hält und weshalb der Bundesparteitag der FDP am Wochenende vor allem seinen Gegnern nutzt.

 

Herr Schäffler, Ihre Gegner an der Parteispitze werfen Ihnen vor, mit Ihrer Haltung massive Konsequenzen zu riskieren bis hin zur Kernschmelze der Weltwirtschaft. Sie scheinen ja ein richtig gefährlicher Typ zu sein…

Die Parteispitze scheint nervös zu sein, und das mit Recht. Die Führung um Philipp Rösler ahnt, dass sie den Mitgliederentscheid in der FDP verlieren wird, denn nicht nur in der Bevölkerung gibt es klare Mehrheiten gegen den dauerhaften Rettungsschirm ESM und das Vorgehen der Bundesregierung sondern auch in der Wissenschaft. Man sollte die Sache aber nicht überhöhen. Wir entscheiden hier über die Beschlusslage der FDP. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Eine Schicksalsfrage für diese Welt ist dieser Mitgliederentscheid sicher nicht.

Was schlagen Sie vor?

Es gibt nur zwei echte Alternativen, mit denen man die Wetten, an den Kapitalmärkten gegen bestimmte Staaten laufen, gewinnen kann. Die eine stammt von der politischen Linken. Die wollen an die Kapitalmärkte das Signal aussenden: Ihr könnt nicht gegen uns gewinnen, wir haben die Notenbank hinter uns, die kann so viel Geld drucken, wie es uns passt. In diesem Konzept spielen Eurobonds, also die Vergemeinschaftung der Schulden und die Sozialisierung der Verluste eine wichtige Rolle. Das aber bedeutet am Ende die Enteignung von unser aller Sparvermögen. Das will ich ausdrücklich nicht. Die zweite Alternative ist unser Konzept. Wir sagen: Zurück zur Marktwirtschaft, zurück zu einem Europa des Rechts. Derjenige, der Verträge unterschrieben hat, muss sie einhalten. Und derjenige, der Risiken übernimmt, muss in Rechnung stellen, dass er für diese Risiken haften muss. Irgendwo zwischen den beiden Alternativen bewegen sich die Bundesregierung und die FDP-Spitze. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Weder lösen sie damit langfristig die Probleme, noch gewinnen sie das kurzfristige Billionenspiel an den Kapitalmärkten.

Was ist mit dem Dominoeffekten, vor denen gewarnt wird. Was, wenn Griechenland pleite geht und Portugal, Spanien und Italien folgen? Was ist mit den Banken, die dann möglicherweise zusammenbrechen? Kann man diese Probleme dann noch zielgenau bekämpfen?

Die Mär vom Dominoeffekten ist Panikmache der Banken. Die erpressen den europäischen Steuerzahler, indem sie sagen: wenn ihr uns nicht helft, dann bricht alles zusammen. Diese Logik muss man durchbrechen. Man muss Banken insolvent gehen lassen. Nur so funktioniert ein Markt. Alles andere ist Planwirtschaft.

Aber dann sind Spareinlagen und Lebensversicherungen betroffen, aber wer eine Lebensversicherung abschließt, ist kein Investor und erst recht kein Zocker…

Um diese Menschen geht es doch auch gar nicht, jedenfalls nicht in Deutschland. Die deutschen Versicherer und Banken haben einstellige Milliardenbeträge in diesen kritischen Ländern investiert. Das bringt kein Institut ernsthaft in Schieflage.

Was muss passieren?

Erstens braucht Griechenland einen knallharten Schuldenschnitt von mindestens 50 Prozent der Gesamtsumme der Staatsverschuldung. Das aber darf nur geschehen, wenn sich Griechenland zugleich aus dem Euro-Raum verabschiedet. Wenn die im Euro bleiben würden, sagen die Portugiesen, die Spanier oder die Italiener irgendwann: wir wollen das auch. Nach Euro-Austritt und Schuldenschnitt muss sich die Europäische Union Gedanken darüber machen, wie man Griechenland wieder auf die Beine helfen kann. Im Euro-Raum hat Griechenland überhaupt keine Chance, wettbewerbsfähig zu werden.

Konsequenzen für Portugal, Spanien und Italien

Es wurde lange behauptet, Griechenland könne die Euro-Zone gar nicht verlassen…

Wie sich doch die Meinungen ändern in diesen Tagen. Währungskommissar Olli Rehn hat noch vor kurzem behauptet, dafür gäbe es gar keine rechtlichen Voraussetzungen, was totaler Quatsch ist. In Cannes stellten sich dann Merkel und Sarkozy hin und sagten: entweder Reformen in Griechenland oder raus aus dem Euro. Plötzlich geht das!

Welche Konsequenzen drohen Portugal, Spanien und Italien?

Portugal droht das Schicksal Griechenlands. Die sind im Euroraum genauso wenig wettbewerbsfähig wie Griechenland. In Italien ist die Wirtschaft wettbewerbsfähig im Euro-Raum, die Politik ist es nicht. Weil die meisten italienischen Staatsanleihen von der dortigen Bevölkerung gekauft werden, muss die dortige Regierung zunächst einmal Vertrauen beim eigenen Volk schaffen. Das haben die selbst in der Hand.

Was erwarten Sie vom Bundesparteitag?

Vor allem für Philipp Rösler ist das ein wichtiger Zwischenschritt. Denn der Bundesvorstand kann die Tagesordnung bestimmen, die Redner bestimmen, die Redezeit bestimmen. Wir können da relativ wenig gestalten. Ich hoffe dass die Parteiführung mit uns fair umgeht, und das nicht nur formal, sondern auch im konkreten Umgang.

Sie fordern die Fraktion auf, gegen den ESM zu stimmen. Aber es gibt kein imperatives Mandat…

Nein, aber die Verfassung sieht auch keinen Fraktionszwang vor. Ich bin der Meinung, dass die Abgeordneten bei der ESM-Abstimmung tatsächlich nur ihrem Gewissen folgen sollten. Mit dem Entscheid wollen wir die Linie der Partei festlegen. Der Parteichef wäre dann dafür verantwortlich, dass die Beschlusslage umgesetzt wird. Er müsste also dann in der Elefantenrunde mit Merkel und Seehofer dafür sorgen, dass unser Auftrag Beschlusslage der Regierung wird.

Und wenn nicht?

Dann gibt es zum ESM keinen Gesetzentwurf, weil Herr Rösler einem solchen nicht zustimmen könnte.

Dann wäre die Regierung am Ende.

Nein! Das wäre die Chance für einen Neustart. Denn wenn wir gewinnen, wird dies auch in der Union den Druck auf die Parteiführungen in unserem Sinne deutlich erhöhen.

Wenn die Mitglieder der FDP ihrem Antrag nicht folgen, ist dann die Partei noch der Ort, an dem sie sich politisch zuhause fühlen?

Ja. Ich bin seit 24 Jahren Mitglied der FDP. Daran wird sich nichts ändern.