Exklusiv Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller würdigt den Kompromiss bei der Ökostrom-Reform, will aber um weitere Verbesserungen kämpfen.

Stuttgart - Der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg ist nicht in Gefahr, sagt Umweltminister Franz Untersteller. Die Landesregierung hatte befürchtet, dass es eine EEG-Vergütung nur noch für besonders ertragreiche Windstandorte geben wird. Mehr als die Hälfte der Standorte im Südwesten wäre entfallen.
Herr Untersteller, ist die Einigung in Berlin ein gutes Ergebnis oder ein fauler Kompromiss?
Es ist ein Kompromiss – das Glas ist halb voll. Wir haben etwas erreicht, aber wir sind noch nicht am Ziel. Einen Erfolg sehe ich etwa beim sogenannten Repowering, als der Modernisierung von Anlagen. Die Runde am Montag ist meinem Vorschlag gefolgt, Repowering als Erweiterung einer Anlage zu werten, nicht als Neubau. Das heißt, wenn jetzt eine alte Anlage durch eine neue, leistungsstärkere ersetzt wird, wird nur die Leistungsdifferenz der beiden Anlagen auf den Ausbaukorridor angerechnet. Das bedeutet mehr Spielraum beim jährlichen Zubau von Windkraftanlagen. Noch nicht ganz glücklich bin ich dagegen beim Thema Strom-Eigenverbrauch. Ich will erreichen, dass alle Eigenstromverbraucher gleich behandelt werden und es keine Bevorzugung für die Industrie gibt. Das ist eine Frage der gerechten Kostenverteilung. Da gibt es aber noch Verhandlungsbedarf. Immerhin konnten wir durchsetzen, dass man differenziert zwischen Erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Koppelung auf der einen und konventionellen Anlagen auf der anderen Seite. Das EEG soll ein Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien bleiben.
Können Sie einschätzen, welche Auswirkungen der Kompromiss für die Ausbauziele beim Ökostrom fürs Land hat?
Nein, das kann man wirklich nicht. Welche Windkraftanlagen hier gebaut werden, ist stets eine unternehmerische Investitionsentscheidung unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten. Ich kritisiere grundsätzlich die Herangehensweise der Bundesregierung. Alle Erneuerbaren Energien sollen gedeckelt werden. Das ist nicht überzeugend, wenn wir einen Erfolg der Energiewende wollen. Vor allem bei der Fotovoltaik und bei der Windkraft an Land kann ich das nicht verstehen. Weil diese Technologien die kostengünstigsten Erneuerbaren sind und nicht die Strompreistreiber, zu denen sie mancher abstempeln will. Bei der letzten EEG-Umlagenerhöhung haben Wind und Sonne nur eine sehr kleine Rolle gespielt, das ist belegbar. Die Preistreiber sind ganz andere: unter anderem die ständige Ausweitung der Privilegien für die Industrie in den letzten Jahren.
Also doch ein fauler Kompromiss?
Es ist ein Kompromiss. Es liegt noch eine Strecke vor uns. Solange wir nicht am Ziel sind, kämpfe ich um weitere Verbesserungen.
Die Stichtagsregelung bei der Förderung von Windkraftanlagen ist noch nicht vom Tisch. Demnach erhalten nur die bis zum 22. Januar 2014 genehmigten Windräder die bisherigen Fördersätze.
Ja, leider hat die Bundeskanzlerin bei dem Thema bislang auf Durchzug geschaltet. Wir bleiben aber dran, beim bevorstehenden Bundesratsverfahren werden wir erneut für eine Stichtagsregelung eintreten, die Planern und Investoren ein Minimum an Vertrauensschutz bietet.
Ist der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg gerettet?
Die Landesregierung hatte aufgrund der Formulierungen im schwarz-roten Koalitionsvertrag befürchtet, dass es für viele Standorte keine Vergütung mehr geben wird. Dem ist jetzt nicht so: Es gibt etwas weniger, aber deswegen wird der Ausbau der Windkraft an diesen Standorten nicht scheitern. So gesehen bin ich zuversichtlich für die Windkraft in Baden-Württemberg.
Die Landesregierung muss ihre Ziele, zehn Prozent der Stromerzeugung durch die Windkraft zu decken, nicht korrigieren?
Nein.