Sport: Jürgen Frey (jüf)
Sie waren der König der Löwen, der Star einer ganzen Region. Wie kommen Sie als einer von vielen in einer Weltauswahl in Paris klar?
Das ist ein absolut tolles Gefühl, Teil einer solchen Mannschaft mit Stars wie Omeyer, Karabatic, Hansen, Abalo, Narcisse oder Sagosen zu sein. Wenn wir mit PSG auswärts spielen, herrscht Ausnahmezustand. Da ist jede Halle ausverkauft, wir werden von Autogrammjägern umzingelt. Du wirst in Frankreich als Sportler ohnehin etwas anders wahrgenommen.
Wie meinen Sie das?
Dir stehen alle Türen offen. Und: Dieser Neidfaktor ist in Frankreich nicht da. In Deutschland wirst du als Sportler oft abgestempelt als einer, der nichts gelernt hat.
Haben Sie eigentlich auch Kontakt zu den Fußballern von PSG oder den Geldgebern aus Katar?
Ja. Es gibt gelegentliche Treffen, zum Beispiel mit PSG-Torwart Kevin Trapp. Und unser Clubpräsident (Anm. d. Red.: Scheich Nasser Al-Khelaifi) kommt nach Champions-League-Spielen schon mal in die Kabine. Dennoch ist der Fußball eine komplett andere Welt.
Zurück zum Handball: Die französische erste Liga müsste im Vergleich zur Knochenmühle Bundesliga doch einige Vorteile für Sie als Spieler bringen?
Der größte Vorteil ist, dass wir sechs statt vier Wochen Sommerpause haben und im Dezember schon am 21. unser letztes Spiel hatten und nicht nach Weihnachten noch mal ranmussten. Aber ich kann versichern: Die französische Ligue Nationale wird immer stärker.
Aber ist lange nicht so ausgeglichen und stark wie die Bundesliga.
Die Bundesliga ist in der Breite ausgeglichener und stärker besetzt, aber auch hier in Frankreich fegst du die Gegner nicht locker-flockig mit 15 Toren Unterschied aus der Halle. Und ich selbst spiele ja fast immer die kompletten 60 Minuten durch.
Dann spricht einiges dafür, dass Sie Ihren 2019 auslaufenden Vertrag in Paris verlängern werden?
Es gibt Signale, dass der Verein mit mir verlängern will. Wenn das EM-Turnier vorbei ist, werden wir sprechen. Ich gehe das ganz locker an, eineinhalb Jahre stehe ich ja ohnehin noch unter Vertrag.
Am Saisonende löst der Spanier Raúl González den 67-jährigen Ex-Kieler Noka Serdarusic als Trainer ab. Spielt das eine Rolle?
Es wird zwar eine Umstellung für mich, wenn die Taktikbesprechungen dann nicht mehr auf Deutsch stattfinden. Aber nein: Ich halte viel von Raúl González, den ich aus seiner Doppelfunktion als Trainer von Skopje und der mazedonischen Nationalmannschaft kenne.
Auf Mazedonien treffen Sie mit Deutschland auch bei der EM. Gehen Sie besonders motiviert ins Turnier, da sie beim Titelgewinn 2016 nicht dabei waren?
Wer mich kennt, weiß: Ich will immer das Optimale erreichen. Natürlich hat mich dieser kurz vor der EM erlittene Muskelfaserriss seinerzeit sehr frustriert, und ich wäre bei diesem tollen Triumph gerne dabei gewesen. Aber ich seh’s positiv: Viele junge Spieler konnten damals wichtige Erfahrungen sammeln. Davon werden wir nun hoffentlich profitieren.
Und den Coup von Krakau wiederholen?
Wir gehören zum Favoritenkreis dazu, und wir wollen zumindest das Halbfinale erreichen. Aber die Leistungsdichte in der Weltspitze ist so eng, da gehört auch das Quäntchen Glück dazu.
Was wäre Ihnen denn wichtiger: der EM-Titel mit Deutschland oder der Champions-League-Triumph mit Paris?
Eins nach dem anderen. Jetzt ist erst mal EM. Aber Fakt ist, ich habe beide Titel noch nicht gewonnen und würde dies nur allzu gerne ändern.