Nein, ich komme aus einer anderen Generation. Ich habe immer angenommen, dass Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau herrschen sollte. Ich wollte arbeiten und mich um meine Kinder kümmern.

Und das können Sie, weil Ihr Mann Ihrem Lebensentwurf folgt. Kann die Ehe als stabilisierende Institution fungieren?
In meiner Schicht gibt es wahrscheinlich so stabile Ehen wie selten zuvor in der Geschichte. Barack und Michelle Obama sind ein gutes Beispiel. Er ist Präsident, sie ist First Lady. Die Familie isst jeden Abend zusammen. Niemand neidet dem anderen den Erfolg. In den anderen Schichten verschwindet die Ehe allerdings. Die Beziehungen von Männern und Frauen sind instabil. Viele junge Männer glauben gar nicht mehr daran, dass sie eine Familie ernähren könnten. Sie wollen es vielleicht immer noch, aber sie wissen gar nicht mehr, wie sie das anstellen sollen.

Warum ist das so?
Die haben sich einfach aufgegeben. Viele Frauen, mit denen ich gesprochen habe, sagen, dass sie solche Typen gar nicht erst haben wollen. Nur ein weiterer Mund, der gefüttert werden will, sagen sie. Da verbinden sich zwei unglückliche Tendenzen: Die Männer glauben, sie seien chancenlos und würden als Ernährer nicht mehr gebraucht. Und dann ist da das Gefühl, dass richtige Familienväter nur noch in wohlhabenden Schichten der Gesellschaft zu finden seien. Das suggerieren uns unzählige Serien im Fernsehen, die natürlich auch von den Männern in den unteren Schichten wahrgenommen werden. 1953 und selbst 1968 hätten Sie noch ein versoffenes Arschloch sein können, das sein Geld in der Kneipe lässt. Aber wenigstens wären Sie das Oberhaupt und der Ernährer Ihrer Familie gewesen. Heute ist das völlig anders.

Das sind aber doch auch schlechte Nachrichten für Frauen.
Das ist ganz schrecklich. Es scheint, als könnten nur noch Menschen, die über ein gewisses Einkommen verfügen, das Ideal von einer freundschaftlichen Ehe oder Partnerschaft ohne Trauschein erfüllen. Viele Frauen wünschen sich nichts so sehr wie die Ehe, aber sie finden nicht mehr die Männer dazu.

Sind typische männliche Eigenschaften wie physische Stärke nicht mehr zeitgemäß?