Man hat es schon vermutet: In vielen Sprachen wird sexuell geflucht. Nur Deutsche schimpfen exkrementell. Die dumpfe Ahnung hat der Freiburger Sprachwissenschaftler Hans-Martin Gauger jetzt mit Forschungsergebnissen untermauert.

Freiburg – Für die einen ist die schlimmste Beleidigung, die Mutter als Hure zu bezeichnen. Die anderen fluchen politisch korrekt ohne Diskriminierung. Hans-Martin Gauger hat 15 Sprachen untersucht und festgestellt, dass es beim Fluchen und Schimpfen einen deutschen Sonderweg gibt. Aber auch die Sprache ändert sich, die Deutschen passen sich allmählich an – und während vulgäre Begriff früher Männersache war, mögen es auch immer mehr Frauen deftig.
Herr Gauger, die Stadtverwaltung von Brüssel hat kürzlich Beschimpfungen unter Strafe gestellt. Bis zu 250 Euro kann es künftig kosten, wenn man jemanden derb beschimpft. Wird in Belgien denn tatsächlich so viel geflucht?
Geflucht wird in Belgien nicht unbedingt so viel. Hier muss vielmehr zwischen dem Fluchen und dem Schimpfen unterschieden werden.

Inwiefern?
Ich unterscheide Fluchen, das ja einen religiösen Hintergrund hat, dann das Schimpfen einfach so, was etwas anderes ist, als wenn man jemanden beschimpft. Und schließlich gibt es die Beleidigung, bei der man sich übrigens kaum vor einem Gericht damit herausreden kann, dass es spontan geschehen sei.

Was sagen die Belgier aber nun, wenn sie sich ärgern oder andere beschimpfen?
Die Belgier schimpfen in der Tat anders als wir – gleichgültig, ob sie flämisch, also niederländisch, reden oder französisch. Das übliche französische Wort ist „con“. „Le con“ meint in vulgärer Sprache das weibliche Geschlechtsorgan, es kann aber übertragen verwendet werden für alles Mögliche, immer aber für etwas Negatives. Darin liegt dann doch eine – ganz unbewusste – Abwertung der Frau.

Bei der dann vor allem die näheren weiblichen Verwandten gemeint sind, die schlecht gemacht werden?
In der Tat, das ist die in den südlichen Ländern sehr verbreitete Form der Beleidigung: Wenn Sie einen Mann beleidigen wollen, bringen Sie seine Schwester oder seine Mutter sexuell ins Spiel. Aber die Psychologie, die dahintersteckt, ist doch wohl eine andere.

Nämlich?