Stadtdekan Hans-Peter Ehrlich geht in den Ruhestand. Im Rückblick äußert sich der Liberale zum Konflikt um Stuttgart 21 und dazu, warum die Kirche ihr Verhältnis zur Sexualität klären sollte.

Lokales: Mathias Bury (ury)
Stuttgart - Hans-Peter Ehrlich ist 14 Jahre lang Stadtdekan der evangelischen Kirche Stuttgarts gewesen. Im Juni geht er in den Ruhestand. In seinem Rückblick plädiert der streitbare Theologe für eine offene Kirche, die sich den Entwicklungen der Zeit stellt.
Herr Ehrlich, Sie sind mit großer Energie Stadtdekan gewesen, Anfang Juni ist Schluss. Würden Sie gerne weitermachen?
Ich bin nicht amtsmüde und hätte schon gerne noch ein Jahr weitergemacht, um den Hospitalhof einzuweihen. Aber es gibt eben das Prinzip der Staffelholzübergabe. Mittlerweile habe ich mich auf den Ruhestand eingestellt.

Sie haben einmal gesagt, Sie wollten nun ein Jahr lang nichts für die Kirche machen, sich aber auf anderen Gebieten engagieren . . . 
. . . und Sie wollen jetzt wissen, was ich machen werde. Doch das bleibt noch ein Geheimnis. Nur so viel: Ich werde im Bereich der Bürgergesellschaft einiges tun. Ich klinke mich in der Kirche in dieser Zeit aus, weil ich einen freien Kopf brauche, um nicht in alte Rollenmuster zurückzufallen. Danach wird man sehen, wozu die Kirche mich brauchen kann. Es ist aber geplant, dass ich mich auch im ersten Jahr noch um die Spendengewinnung für den neuen Hospitalhof kümmern werde.

In den 14 Jahren hat sich viel verändert. Zum Beispiel wurde der Kirchenkreis gegründet.
Die Reform war überfällig. Als sich Mitte der 70er Jahre abgezeichnet hat, dass die Zahl der evangelischen Gemeindemitglieder geringer wird, hätte man schon reagieren müssen. Natürlich ist es ein Kraftakt gewesen für alle Beteiligten, ursprünglich 77 Gemeinden in einem gemeinsamen kirchlichen Unternehmen zusammenzuführen. Jetzt definiert die Verwaltung und das Parlament des Kirchenkreises, die Kirchenkreissynode, wohin die Reise geht. Neu ist zum Beispiel auch, dass wir die Haushaltspläne kontrollieren und den einzelnen Kirchengemeinden versuchen aufzuzeigen, was man anders machen könnte.

Wo klemmt es bei dem Projekt noch?
Zum Beispiel im Bereich der Kindergartenarbeit, wo wir gemeinsame Standards haben. Dort müssten wir die Trägerstruktur noch weiterentwickeln. Fast jede Gemeinde hat noch einen Kindergarten in eigener Trägerschaft. Das ist nicht zukunftsfähig, kleine Gemeinden sind überfordert. Aber es gibt Abwehrhaltungen, weil die Kirchengemeinden um ihre Selbstständigkeit fürchten. Nachbessern sollten wir auch in der ambulanten Pflege, wo wir die meisten ambulanten Pflegedienste in der Diakonie-Station Stuttgart zusammengefasst haben.