Jan Delay gehört als Solokünstler und als Bandmitglied der Beginner zu Deutschlands besonders umtriebigen Musikern. Seine unverkennbare Stimme macht den 43-Jährigen auch zum gefragten Synchronsprecher – etwa jetzt mal wieder im „Raben Socke“

Stuttgart - Jan Delay, bürgerlich Jan Philipp Eißfeldt, gehört als Solokünstler und als Bandmitglied der Beginner zu Deutschlands besonders umtriebigen Musikern. Seine unverkennbare Stimme macht den 43-Jährigen auch zum gefragten Synchronsprecher. Im Interview erzählt er, warum ihm diese Arbeit Spaß macht, warum er Steuern für ein wirksames Lenkungsinstrument hält und wie sich sein Weltbild als Vater einer kleinen Tochter verändert hat.

 

Herr Delay, schütteln Sie einen Synchronjob wie diesen aus dem Ärmel, oder ist er künstlerisch nach wie vor eine echte Herausforderung?

Weder noch. Es ist eine schöne Aufgabe nebenbei, fast ein bisschen wie Urlaub. Zu einem Synchronjob geht man wie zur Arbeit in die Fabrik. Dort ist dann jemand, der einem sagt, was man machen soll. Und das macht man dann, bis der- oder diejenige zufrieden ist. Man muss sich gar keinen Kopf machen, man schaltet ihn gar nicht erst an. Dann ist irgendwann Feierabend, man geht nach Hause und denkt gar nicht mehr darüber nach. Ganz anders, als wenn man sonst aus dem Studio kommt. Deshalb ist das sehr befreiend. Es geht mir quasi wie einem meiner Musiker. Das macht Spaß.

Mit welchen Kinderfilmen und -büchern sind Sie selbst aufgewachsen?

Was die Bücher angeht, auf jeden Fall „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“. Das gab es dann auch als Fernsehserie, als ich genau im richtigen Alter war. In eine ähnliche Kerbe schlagen „Die Flusspiraten des Mississippi“ oder „Oliver Twist“. Der erste richtige Film, den ich geguckt habe, war „Star Wars“. Vorher gab es eher TV-Serien wie „Captain Future“ oder „Segnor Rossi“. „Ein Colt für alle Fälle“ fand ich auch toll.

Die „Suche nach dem verlorenen Schatz“ zeigt Kindern, wozu Gier und Neid führen können. Kann man nie früh genug für diese Themen sensibilisieren?

Ich glaube nicht, dass man so weit um die Ecke gedacht hat und unsere Kinder auf diese schreckliche Welt vorbereiten will. Das ist vielleicht ein schöner Nebeneffekt. Eigentlich denkt man sich einfach eine schöne Geschichte aus. Da hat man den kleinen Raben Socke, der immer Mist baut und dann zur Einsicht kommt. Er checkt, dass es Mist war, was er getan hat. Diese Einsicht sollen die Kinder im besten Falle teilen. Ich denke nicht, dass man sich hinsetzt und sagt: „So, jetzt wollen wir die Kinder mal vor Neid und Materialismus warnen!“. Die zentralen Themen der Filme und Kurzgeschichten sind Solidarität und Zusammenhalt.

Man liest, Sie seien nicht grundsätzlich gegen den Kapitalismus eingestellt. Aber wurden Sie in der Musikszene schon einmal mit dessen hässlichen Seiten konfrontiert?

Mit diesen hässlichen Seiten wird doch jeder sein ganzes Leben lang konfrontiert. Wenn du in dieser Welt leben willst, geht es gar nicht darum, wie deine Einstellung zum Kapitalismus ist. Letztendlich ist es egal, ob du ihn gut findest oder schlecht. Grundsätzlich ist es natürlich gut, eine Einstellung zu haben. Aber man kann sich dem nicht entziehen, das habe ich im Laufe meines Lebens lernen müssen. Die Alternative wäre, irgendwo in die Berge auszuwandern. Was ja auch viele machen, wovor ich großen Respekt habe. Aber es wäre nicht mein Ding. Auf der einen Seite verteufele ich den Kapitalismus, aber ich lerne auch, mich damit zu arrangieren.

Diesmal singt Socke das Lied „Wenn ich König bin“. Schon Rio Reiser hat uns wissen lassen, was er in dieser Situation machen würde. Welche Probleme würden Sie als König von Deutschland zuerst angehen?

Ich würde ganz viele Steuern auf ganz viele Dinge erheben. Ich glaube, nur so kann man unsere Wegwerfgesellschaft dauerhaft umstrukturieren. Der einzige Moment, in dem die Leute wirklich hinhören, ist, wenn sie viel Geld bezahlen sollen. Oder wenn etwas günstig ist: Geiz ist geil! Wenn man viele Steuern auf Verpackungen bezahlen müsste, sollte man dem Konsumenten die Möglichkeit einräumen, das zu vermeiden. Dann müssten sich die Firmen Gedanken machen, wie sie ihre Waren ohne Verpackung an den Kunden bringen. Jetzt tun das nur wenige. Wenn es ans Geld geht, werden sich alle Gedanken machen.

Sind Sie ein abenteuerlustiger Mensch, der im Urlaub ferne Winkel aufsucht?

Leider nicht. Ich habe nicht mal einen Führerschein. Ich mache ihn gerade, um mal genau in diese Winkel zu kommen. Bisher war mir das nicht vergönnt. Weil sonst auch immer so viel los ist, mache ich im Urlaub gerne Urlaub und begebe mich eigentlich nicht auf Abenteuersuche. Aber ich habe jetzt eine kleine Tochter und muss doch öfter auf Schatzsuche gehen.

Hat die Vaterschaft Ihr Weltbild noch einmal nachhaltig verändert?

Bestimmt, da bin ich mir ziemlich sicher. Man bekommt noch einmal einen ganz anderen Blick auf die Zukunft. Vorher war das Motto so ein bisschen: „Nach mir die Sintflut“. Aber wenn dann plötzlich so ein Zwerg da ist, geht die Perspektive plötzlich ein paar Jahrzehnte weiter. Ich würde die nicht geschehende Umweltpolitik nicht so sorgenvoll verfolgen, wenn ich keine Tochter hätte.

Mit welchen Gefühlen verfolgen Sie, dass die Jugend für ihr Recht auf eine Zukunft demonstriert?

Das finde ich ganz toll. Sie geben mir Hoffnung in diesen dunklen Zeiten.

Gibt es 2020 musikalischen Nachschub?

Ja, das gibt es! Ich darf aber leider gar nichts dazu sagen.