Wenn sie vor der Kamera singen muss, flippt Jennifer Lawrence aus. Das hat auch Regisseur David O. Russel zu spüren bekommen, den sie bei den Dreharbeiten von „Joy“ deshalb wüst beschimpft. Im Interview zeigt sie sich aber sehr gelassen – und erzählt, warum sie besessen von Reality-Fernsehserien ist.

Stuttgart - Mit glitzernden Oberteil und schwarzer Hose betritt Jennifer Lawrence die Interview-Suite im Londoner Nobelhotel Claridge’s. Während des Gesprächs überkommt die 25-jährige der Hunger, also isst sie zwischendurch schnell einen Apfel und nascht etwas gedämpften Brokkoli – obwohl es auch Schokolade gäbe. Als schließlich ihre Presseagentin den Raum betritt, um das Ende des Interviews anzukündigen, stößt Lawrence einen lauten Schrei aus: Dies war ihre letzte Amtshandlung des Jahres, nun stehen endlich Ferien auf dem Programm des viel beschäftigten Hollywoodstars.
Miss Lawrence, der Regisseur David O. Russell hat Sie mit „Silver Linings“ zum Oscar geführt. Nun haben Sie für „Joy“ schon zum dritten Mal mit ihm gedreht. Was bedeutet Ihnen die Arbeit mit ihm?
Ich war schon ein großer Fan von Davids Filmen, bevor ich selbst mit ihm gedreht habe. Eigentlich ist er für mich eine lebende Legende. Bei keinem anderen Regisseur habe ich so viel über mich selbst gelernt, über Filme und über die Schauspielerei, wie bei ihm. Ganz abgesehen davon, dass wir mittlerweile ein unglaublich tiefes Verständnis für einander haben. Auch für Bradley Cooper und Robert de Niro, die ja auch in jedem unserer Filme mit von der Partie waren, empfinde ich viel Liebe und Respekt.
Hat sich dieses Verständnis zwischen Ihnen erst über die Jahre entwickelt oder hatten Sie von Anfang an die gleiche Wellenlänge?
Wir haben uns auf jeden Fall schon beim ersten Treffen blendend verstanden. Wahrscheinlich weil wir so einen ähnlichen Humor haben. Die Chemie stimmte also von Anfang an. Aber mit der Zeit entstand noch eine ganz andere Vertrautheit und Tiefe. Unsere Freundschaft hat heute mehr Facetten als noch vor vier Jahren.
Gehören dazu auch Meinungsverschiedenheiten? Bei dem Dreh zu „Joy“ sollen zwischen Ihnen gehörig die Fetzen geflogen sein.
Die Presse hat da mal wieder ein paar Sachen vollkommen übertrieben. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Wie zu jeder engen Freundschaft gehört es auch zu unserer, dass man mal streitet. Ich kann Dinge zu ihm sagen, die ich eigentlich nicht meine. Denn er weiß ja, wie sehr ich ihn liebe. Als er mich mal wieder dazu bringen wollte, vor der Kamera zu singen, habe ich ihm an den Kopf geworfen, dass er ein Arschloch sei und ich ihn hassen würde. Was natürlich in einem weniger emotionalen Moment großer Quatsch ist. Wir sind eben beide Menschen, die ihrem Ärger auch mal Luft machen und im Zweifelsfall lieber knallhart die Wahrheit sagen als das Gegenüber mit Samthandschuhen anzufassen.