Stuttgart ist die Stadt mit Weitblick, sagt Johannes Milla. Weitblick beweist er auch selbst, wenn er als Kommunikationsexperte und Kulturliebhaber seiner Heimat auf die Sprünge helfen will: Öffnet das Schloss, holt Sasha Waltz, rettet die Filmgalerie, baut Sessellifte!

Stuttgart - - Er liebt die Stadt, ihre Topografie und ihre Kulturszene: Johannes Milla, Chef der international erfolgreichen Agentur Milla & Partner, ist Stuttgarter aus Leidenschaft. Der Experte für Kommunikation im Raum sprudelt nur so vor Ideen, wenn es um seine Heimat geht. „Stuttgart ist das San Francisco Deutschlands“, sagt der 52-jährige Kreativkopf – das Problem sei nur, dass das noch niemand wisse.
Herr Milla, alle Welt macht im August Urlaub. Weshalb sind Sie nicht weg?
Ich habe schon Urlaub gemacht, in Kroatien und auf der Biennale in Venedig. Ich fahre am liebsten schon im Juni in die Ferien, weil ich Stuttgart im Hochsommer am schönsten finde.
Was genießen Sie am meisten?
Den Modus der Entschleunigung, der sich breit macht. Es sind gefühlt zwei Drittel weniger Menschen in der Stadt, die verbliebenen sind entspannter und machen Stuttgart zu Stoccarda, der nördlichsten Stadt Italiens. Zudem ist das Gedrängel an meinem Lieblingsbadesee in Kirchentellinsfurt nicht so groß.
Sie haben in der Vergangenheit öfters betont, Stuttgart sei die schönste Stadt Deutschlands. Sehen Sie das noch immer so?
Ja, die Topografie ist herrlich! Stuttgart ist die Stadt der Höhenkontraste und der Hügel: Rotenberg, Schnarrenberg, Killesberg, Birkenkopf, Bopser, Frauenkopf und – je nach Definition – auch Uhlandshöhe, Karlshöhe und Hasenberg. Unterm Strich lassen Sie es uns „Sieben Hügel“ nennen. Und sie sollten in der Kommunikation nach innen und außen vor allem stadtplanerisch betont werden.
Ein ehrgeiziger Wunsch! Stuttgart wird in der Öffentlichkeit nicht als Stadt der Hügel, sondern als Stadt im Kessel wahrgenommen.
Griffige negative Begriffe setzen sich gerne fest. Stuttgart aber ist die Stadt mit Weitblick. Stuttgart ist das San Francisco Deutschlands. Die Berge lediglich als Verkehrshindernis in der Stadtplanung zu denken und zu bekämpfen ist ein fundamentaler Irrtum. Die erste Sünde war vor 25 Jahren, die Straßenbahn auf der Neuen Weinsteige in einen Tunnel zu legen, dann die Schnellstraße vom Schattenring nach Heslach hinab. Und so ging es weiter.
Aber die Tunnels sind doch eine Erleichterung für die Bürger. Sie machen den Verkehr in der Stadt schneller . . .
 . . . und rauben dieser Stadt das Charakteristikum! Ein hoher Preis, der da gezahlt wird. Er wird noch um ein Vielfaches höher, wenn Stuttgart vom Jahr 2025 an nur noch ein U-Bahnhof zwischen Feuerbach und Filderstadt sein wird.
Sie reden von Stuttgart 21.
Wenn man über Stadtwahrnehmung und Stadtidentität redet, kommt man am zukünftigen Höhlenbahnhof nicht vorbei. Die Sieben Hügel und das – jetzt gefährdete – Mineralwasser sind der genetische Kern Stuttgarts. Das haben weder München noch Berlin, weder Hamburg, Köln noch Dresden zu bieten, Städte, mit denen sich Stuttgart bisweilen seufzend vergleicht.