Jürgen Vogel, eines der bekanntesten deutschen Filmgesichter, spricht im Interview mit der StZ über Kampfsport, Schönheits-OPs, seinen Tauchschein und seine Vorbilder. Und er verrät, warum er so gerne Kriminelle spielt.

Berlin – Der Bad Boy des deutschen Fernsehens hat gute Laune. Am Montag zeigt das ZDF den Thriller „Tod einer Polizistin“ (20.15 Uhr). Jürgen Vogel, 44, steht zum ersten Mal mit dem von ihm bewunderten Götz George, 74, vor dem Kamera. Wie das war, erzählt er im Interview mit Antje Hildebrandt, und er besteht dabei auf dem Du. Eigentlich ist das ein Tabu, aber weil er es ist, lässt man sich darauf ein. Ein Sie verbietet sich bei diesem Vogel von allein.
Jürgen, ist es wahr, dass du den Tauchschein gemacht hast, um deine Angst vor dem Ertrinken zu bekämpfen?
Ja, Schwimmen war nie meine Stärke. Trotzdem habe ich auf Ibiza mal jemandem das Leben gerettet. Dabei wäre ich selber fast ertrunken.

Du hattest Todesangst?
Ja, es war ein ganz schöner Kampf. Ich habe oft davon geträumt. Und wenn du Angst hast, musst du dich ihr aussetzen.

Dabei wirkst du wie jemand, den so leicht nichts erschüttern kann.
Das hängt mit meiner Kindheit zusammen. Die war nicht behütet. Ich habe Dinge erlebt, die Kinder besser nicht erleben sollten. Mit fünfzehn bin ich von zu Hause ausgezogen. Ich wollte kein Opfer sein.

Erklärt das deine Affinität zu gebrochenen Figuren?
Ja, meine Rollen sind die klare Weiterentwicklung dessen, wie ich fühle und denke.

Vergewaltiger, Sterbender, Killer, Selbstmörder. Suchst du dir die Rollen aus, oder suchen sich die Rollen dich aus?
Das passiert gleichzeitig. Was mich in all den Jahren immer wieder interessiert, ist die Ehrlichkeit zu gestehen, dass wir alle fehlerhaft sind.

Was ist deine Schwäche?
Mmmh, da gibt’s viele. Zum Beispiel die: ich darf nicht immer nur von mir ausgehen. Das, was für mich gut ist, muss nicht gut für andere sein.

Deine erste Casterin hat über dich gesagt: Der kann gut Kriminelle. Ist das ein Kompliment – oder ein Stigma?
(lacht) Ich fand das gut. Am Anfang konnte ich mir gar nicht vorstellen, irgendwas anderes zu spielen als Kriminelle. Das waren Figuren, zu denen ich einen Draht hatte.

Wie kam die Casterin darauf?
Ich glaube, das ist das Gesamtpaket. Die Physiognomie, die Energie . . .

. . . die Zähne . . . ?
Ja, bestimmt.

Stimmt es, dass einige herausgeschlagen wurden?
Nee, mir fehlen halt ein paar Zähne. Die Eckzähne sind da reingewachsen, wo andere reingehören.

Täter oder Opfer, was ist leichter zu spielen?
Es ist beides schwierig. Interessant sind Täter, die zerquetscht sind, weil sie genau wissen, was sie machen.

In dem Thriller „Tod einer Polizistin“ spielst du jetzt einen Mann, der zu Unrecht im Gefängnis sitzt und ausbricht, um sich zu rächen. Ist das die größte Herausforderung, wenn die Grenze zwischen Opfer und Täter fließend ist?
Absolut.

Wie hast du es geschafft, dich in den Mann reinzufühlen?
Die Wut war der Antrieb. Der Mann geht wie eine Maschine durch den Film, der du alles zutraust.

Dein Gegenspieler ist Götz George. Warum war es dein Traum, mit ihm zusammenzuarbeiten?
Ich mag ihn sehr. Das ist nicht nur ein toller Schauspieler, sondern auch ein sehr netter, intelligenter Mensch.

Hast du dich ihm am Set auf Augenhöhe genähert?
Nee, so würde ich es nicht nennen. Ich habe großen Respekt vor ihm. Er macht diesen Job schon dreißig Jahre länger als ich.

Was kann der jüngere Bad Boy vom älteren lernen?
Dass man diesen Job auch mit über siebzig mit Würde machen kann.