Daran mangelt es beim VfB aber.
Ein grundsätzliches Problem ist, dass keine Mannschaft mehr Angst hat, wenn sie in der Mercedes-Benz-Arena antreten muss. Früher waren außer den Bayern doch alle froh, wenn sie da einen Punkt mitgenommen haben. Aber dieser Effekt ist weg – was man am Sonntag ja auch bei den Augsburgern gesehen hat.
Gibt es in Ihren Augen weitere grundsätzliche Probleme?
Es ist momentan kein Führungsspieler da. Deshalb haben auch die jungen Leute im Team einige Schwierigkeiten, weil sie sich an niemandem orientieren können. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Aber jetzt braucht man für diese Saison auch keine Führungsspieler mehr suchen. Es funktioniert nur noch über ein Wir-Gefühl und den Zusammenhalt.
Dazu gehören auch die Fans.
Am Sonntag hatte ich das Gefühl, dass die Zuschauer nicht einmal mehr verärgert waren. Einige geben den VfB offenbar schon auf – nicht weil sie böse auf ihn sind, sondern aus Frust und Enttäuschung.
Die Ansprüche in Stuttgart sind nun mal hoch. Das war schon immer so.
Dennoch muss man im Nachhinein sagen, dass es unrealistisch war, vor der Saison den fünften Tabellenplatz als Ziel auszugeben. Damit ist die Mannschaft überfordert. Ich sehe Augsburg – und Augsburg war besser. Vom Potenzial her würde ich den VfB zwischen den Plätzen acht und elf ansiedeln. Das ist immer noch möglich – wenn es gelingt, die Abwärtsspirale zu stoppen.
Auffällig ist, dass Sie das Wort Abstiegskampf vermeiden.
Davon kann man 14 Spieltage vor Saisonschluss auch noch nicht sprechen. Das wäre viel zu früh.
Sprechen Sie da aus Erfahrung aus Ihrer aktiven Zeit?
Ja. Im letzten Jahr meiner Karriere waren wir in einer ähnlichen Lage. Das war im November 1990. Dann kam der Trainer Christoph Daum. Gleich in seinem ersten Spiel hat er die Mannschaft total umgestellt und mich zum Beispiel in den Sturm beordert. Wir lagen gegen Köln mit 0:2 hinten – und haben doch noch 3:2 gewonnen. Das war Glück, aber damit war die Abwärtsspirale gestoppt. Wir erreichten damals sogar noch einen Platz im Uefa-Pokal – und in der Saison danach wurde die Mannschaft sogar Deutscher Meister.