Auf den Spuren von Sigourney Weaver: Ein Gespräch mit „Alien“-Darstellerin Katherine Waterston über große Fußstapfen und frühe Träume.

London - Natürlich kam Katherine Waterston nicht aus dem Nichts. Doch erst seit sie sich in „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ in die Herzen von Millionen Kinogängern spielte, ist die Tochter des Schauspielers Sam Waterston der Shootingstar schlechthin. Bevor sie in „Logan Lucky“ und in „The Current War“ zu sehen sein wird, spielt die 37-jährige nun die Hauptrolle in „Alien: Covenant“ von Ridley Scott.

 
Frau Waterston, ist es aufregend oder furchteinflößend, plötzlich Hauptrollen in Blockbustern zu spielen?
Irgendwie beides. Natürlich ist es spannend, etwas zu tun, was man noch nie gemacht hat. Nicht zu wissen, ob man einer Herausforderung gewachsen ist, kann beflügeln. Wenn ich im Vorfeld weiß, dass ich etwas kann, wird es womöglich schnell langweilig. Aber ich habe schon darüber nachgedacht, was wohl passieren würde mit meiner Privatsphäre. Denn natürlich war mir klar, dass ich plötzlich Filme drehte, die ein großes Publikum finden würden.
Hat sich privat denn viel verändert?
Das hält sich zum Glück in Grenzen. Wobei sich meine Bedenken nicht nur darauf bezogen. Als jemand, der selbst viele Filme guckt, weiß ich einfach, dass man Schauspielern, die besonders bekannt sind und über die man viel Privates weiß, manche Rolle nicht mehr ohne Weiteres abnimmt. Je prominenter man ist, desto härter muss man arbeiten, um das Publikum zu überzeugen. Und ich wusste nicht, ob ich dazu bereit war, noch härter zu arbeiten (lacht). Letztlich waren die Herausforderungen aber viel reizvoller als jegliche Skepsis.
Zeit ist bei Großproduktionen ein wichtiger Faktor.
Stimmt, ich habe an „Alien: Covenant“ deutlich länger gearbeitet als an den meisten anderen Filmen. Allerdings habe ich schon oft „normale“ Leute gespielt, die immer den gleichen Job machen. Das kennt man als Schauspieler ja nicht, deswegen fand ich es interessant, dass ich in den letzten paar Jahren auch fast so etwas wie eine Arbeitsroutine entwickelt habe und ein bisschen im Hamsterrad steckte.
Wussten Sie als Tochter eines erfolgreichen Schauspielers eigentlich schon früh, dass Sie in seine Fußstapfen treten wollen?
Ich denke, das war im Alter zwischen fünf und zehn Jahren. Wobei ich vollkommen naiv war. Die Leute denken immer, dass ich ja eine Ahnung von der Branche gehabt haben müsste, weil mein Vater Sam Waterston ist. Doch dem war nicht so. Obwohl ich Filme sah, in denen Kinder mitspielten, war mir lange Zeit nicht klar, dass ich das sein könnte.
Hat Ihr Vater Sie denn nie mit zur Arbeit genommen?
Ich war in meiner Kindheit und Jugend immer wieder bei Dreharbeiten. Aber irgendwie habe ich das anfangs nicht zusammengebracht. Das eine war, meinen Papa bei der Arbeit zu beobachten. Das andere waren die Geschichten, die ich zu Hause im Fernseher sah. Den Zusammenhang habe ich nicht unbedingt hergestellt. Genauso übrigens, wie ich mir lange den Unterschied zwischen Film und Theater nicht bewusst machte. Das lag vor allem daran, dass wir zu Hause eine Videokassette mit einem abgefilmten Broadway-Stück meines Vaters hatten Shakespeares „Viel Lärm um nichts“, davon war ich geradezu besessen. Ich liebte jede einzelne der Figuren und wollte ihren Platz einnehmen. Wenn ich es mir genau überlege, war es das, womit alles anfing. Ich wollte nicht Schauspielerin werden. Sondern ich wollte in all diese unterschiedlichen Rollen schlüpfen.
Haben Sie diesen Traum zielstrebig verfolgt, als Sie ihn sich klargemacht hatten?
In meinem Herzen hatte ich nie ein anderes Ziel. Lange mit mir gerungen habe ich allerdings trotzdem. Einfach weil ich immer ein so dickköpfiges, unabhängiges Kind war und nicht die geringste Lust hatte, in jemandes Fußstapfen zu treten. Nicht nur mein Vater war Schauspieler, sondern auch meine beiden älteren Geschwister, und auch der Rest der Familie hatte kreative Berufe, malte oder schrieb. Deswegen habe ich zum Beispiel an der Highschool nie an den Theaterinszenierungen mitgewirkt. Obwohl ich wusste, dass mein Herz dafür schlägt. Stattdessen verschrieb ich mich für eine Weile der Fotografie.
Immerhin auch eine kreative Arbeit!
Ja, das musste irgendwie sein. Außerdem tat mir als Teenager die Dunkelkammer gut, in der ich mich mehr aufhielt als in jedem anderen Raum der Schule. Die Zeit dort nutzte ich, um mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Das war wichtig für meine Entwicklung und eine Erfahrung, die mir sicher auch als Schauspielerin geholfen hat. Übrigens auch ganz handfest, denn als ich später am College war, verdiente ich mir ein bisschen Geld dazu, indem ich Porträts von meinen Kommilitonen schoss, mit denen sie sich bei Castingagenten meldeten. In meiner Schublade liegen noch allerlei nette alte Bilder von Schauspielstudenten, die es heute weit gebracht haben.
Lassen Sie uns noch kurz auf „Alien: Covenant“ zu sprechen kommen. Wenn man als Frau mit einem Maschinengewehr durch ein Raumschiff rennt und ein Monster jagt, kann man vermutlich den Vergleich mit Sigourney Weaver nicht ausblenden, oder?
Das klingt vielleicht seltsam, aber ich habe beim Dreh ihre ikonische Figur Ellen Ripley komplett ausgeblendet. Als ich mich um die Rolle bei Ridley Scott bewarb, kam mir natürlich dieses Vermächtnis in den Sinn, und gerade merke ich, dass kein einziger Journalist den Vergleich nicht zieht. Aber während meiner Arbeit war ich derart vom Drehbuch und der Rolle absorbiert, dass ich dafür keine Muße hatte.
Erinnern Sie sich denn noch daran, wann Sie den ersten „Alien“-Film gesehen haben?
Auf jeden Fall war ich viel zu jung. Ich muss ungefähr zehn Jahre alt gewesen sein, als der große Bruder einer Freundin uns mal ins Wohnzimmer rief: „Das müsst ihr euch angucken!“ Und dann sah ich da auf dem Fernseher diese Szene des allerersten „Alien“-Films von Ridley Scott, in dem das junge Alien bei einem Mann durch den Brustkorb bricht. Das hat mich so traumatisiert, dass ich den Film erst wieder sah, als ich längst in meinen Zwanzigern war.