Am Samstag (14 Uhr) steigt das Drittliga-Derby zwischen den Stuttgarter Kickers und dem VfB II. Vorab spricht der Kickers-Manager Michael Zeyer über Ziele und Pläne der Blauen.

Sport: Joachim Klumpp (ump)
Stuttgart – - An diesem Samstag (14 Uhr, Gazi-Stadion) steht in der dritten Liga das Derby Kickers gegen VfB II auf dem Programm. Dabei geht es für den Kickers-Sportdirektor Michael Zeyer weniger darum, sich für das 1:5 im Hinspiel zu revanchieren, als die Aufstiegsambitionen des Tabellenvierten am Leben zu erhalten.
Herr Zeyer, am Samstag steigt das Spiel gegen den VfB Stuttgart II in der dritten Liga. Viele Kickers-Fans träumen in der nächsten Saison von einem „richtigen“ Derby gegen die VfB-Profis – Sie auch?
Jeder Fan träumt natürlich davon, eine Liga höher zu spielen. Ich konzentriere mich aber darauf, was wir erreichen wollen. Ich wünsche dem VfB auch nicht den Abstieg, nur damit es ein Derby gibt. Sondern ich wünsche uns den Aufstieg.
War die Niederlage in Rostock so gesehen nur ein Dämpfer oder schon ein Rückschlag?
Jede Niederlage ist ein Rückschlag, wenn man versucht, oben dran zu bleiben. Aber die Art und Weise, wie die Mannschaft aufgetreten ist, war absolut in Ordnung. Wir haben immer dort gut gespielt, wo das vom Platz her auch möglich war. Das war in Rostock leider nicht der Fall. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir noch die nötigen Punkte holen werden, wenn die Mannschaft weiter so arbeitet und das umsetzt, was der Trainer vorgibt.
Worauf kommt es denn in den letzten sechs Spielen an?
Wir stehen jede Woche vor der gleichen Aufgabe: ein Spiel zu gewinnen. Das Geheimnis wird sein, nicht zu verkrampfen und ständig das Wort Aufstieg in den Mund zu nehmen. Wer sich darauf konzentriert, hat gute Chancen, oben zu landen.
Wie groß wäre die Enttäuschung, wenn man es am Ende nicht schafft?
Das Szenario ist nicht absehbar, deshalb beschäftige ich mich auch nicht damit. Wir haben die nächste Aufgabe gegen den VfB vor uns – da wollen wir ans Limit gehen. Und ich bin stolz auf die Mannschaft. Die Gegner nehmen uns mittlerweile mehr als ernst, sie spielen sehr defensiv, teilweise mit einer Fünferreihe. Da müssen wir immer wieder neue Lösungen finden – das ist unsere Aufgabe. Alles andere nehme ich so, wie’s kommt.
Wo liegen die Unterschiede in der Planung für zweite oder dritte Liga?
Da gibt es keine großen Unterschiede. Es kann schon sein, dass wir im Falle des Aufstiegs noch mal nachlegen, aber das ist auch im Mai möglich. Wichtig ist, dass die Mannschaft soweit steht und Spieler dazu kommen, denen wir zutrauen auch eine Liga höher eine Rolle zu spielen. Und wenn wir das Ziel erreichen, gibt es vielleicht noch zwei, drei Schlüsselpositionen zu besetzen.
Aber der Personaletat würde sich grob gesagt verdoppeln. Daran würden dann auch die Spieler partizipieren, die schon Verträge besitzen.
Das ist klar. Bei den Verträgen wäre es dann häufig so, dass die sich finanziell ebenfalls verdoppeln, das hätten sich die Spieler auch verdient. Denn bei uns sind die Verträge für Drittligaverhältnisse sehr moderat. Ich würde mich freuen, wenn sich das erfüllt, was wir den Jungs in Aussicht gestellt haben für den Fall des Aufstiegs. Die Spieler sind uns ja teilweise entgegengekommen. Deshalb versuche ich immer, die Balance zwischen ihnen und dem Verein zu halten.
Apropos Verträge. Bei Marc Stein und Fabian Baumgärtel heißt es, die Verlängerungen würden vor dem Abschluss stehen. Was fehlt?
Die Unterschrift. Wir sind uns einig und ich hoffe, dass wir es diese Woche zum Abschluss bringen können.
Der verletzte Elia Soriano soll auch bleiben – würde das bedeuten, dass für Randy Edwini-Bonsu kein Platz mehr ist?
Nein. Bei Elia verlängert sich der Vertrag sowieso automatisch bei einem Aufstieg, ansonsten hat er ein Angebot vorliegen, aber da gibt es noch keine Einigung.
Besar Halimi hat seinen Vertrag verlängert. Sind Sie denn sicher, dass er nächste Saison noch bei den Kickers spielt. Es soll eine Vereinbarung geben, dass er bei einer entsprechenden Ablöse den Verein verlassen kann?
Es ist so, dass man im Interesse des Spielers handelt und sich unterhalten würde, wenn er den nächsten Schritt gehen und der Verein partizipieren könnte. Schließlich wollen wir als ein Verein dastehen, bei dem Talente sagen: wir gehen zu den Kickers, weil wir uns bei denen entwickeln können. Da können wir mit Besar in gewisser Weise auch Werbung machen. Denn er ist aus meiner Sicht einer der wenigen Spieler in der dritten Liga, der überhaupt Bundesligaambitionen haben darf. Wir haben ihm geholfen – aber er hat uns bisher auch geholfen. Ich würde mich sehr wundern, wenn so ein Spieler kein Angebot bekäme. Aber ich bin auch froh, wenn er bei uns bleibt, denn dann werden wir ihn noch besser machen.
Ist denn der Litauer Gratas Sirgedas der nächste Kickers-Kandidat vom VfB II?
Wir haben ihn schon länger im Auge, und er ist für uns sicher interessant, nachdem er beim VfB II nicht so zum Zuge kommt.
Woran liegt das?
Das weiß ich nicht. Auch der VfB hat immer wieder Spieler für die erste Mannschaft rausgebracht, zuletzt Timo Baumgartl. Das ist letztendlich auch eine Frage der Beurteilung, gerade bei technisch starken Spielern, die noch gewisse Defizite haben. Nicht jeder passt überall rein. Da wir sehr viel Wert auf Ballbesitz legen, haben wir Interesse an technisch versierten Spielern, die bei uns auch mehr ihre Stärken ausspielen können. Beim VfB ist zudem der Konkurrenzkampf unter den Jugendlichen groß, sodass dort eben am Ende nicht jeder spielen kann.
Und einer wie Michael Zeyer hätte nicht zum VfB gepasst? Es ist ja überliefert, dass der Lokalrivale Interesse an Ihnen als Manager hatte.
Es ist immer schön, wenn ein großer Verein Interesse signalisiert, das ehrt einen schon. Aber ich habe meinen Vertrag bei den Kickers bewusst verlängert, weil ich mir hier meine Sporen verdienen will, und genau wie der Trainer das Kickers-Projekt noch lange nicht als beendet ansehe.
Wann wäre es denn beendet?
Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Mein erster Horizont ist, so drei bis vier Jahre bei einem Club zu sein und dem nachhaltig seinen Stempel aufzudrücken. Vielleicht schaffen wir es auch, länger zusammenzubleiben. Ich finde die Konstellation, in der wir arbeiten sehr gut und ich kann die auch mit meinem Restaurant verbinden, das ist sicher ein Aspekt, der eine Rolle spielt.
Bei den Zuschauern hat man das Gefühl, die Nachhaltigkeit ist schon eingetreten. Nach der Rückkehr ins Gazi-Stadion pendelte der Durchschnitt zwischen beachtlichen 5000 und 9000 Besuchern. Das wird ja nicht nur an der neuen Tribüne liegen, oder?
Das wichtigste ist immer der Sport. Die Leute, die ins Stadion kommen, wollen guten Fußball sehen und eine Handschrift erkennen. Sagen: es lohnt sich, da hin zu gehen. Gleichzeitig hat der Verein viele Dinge angeschoben, um in der Stadt mehr wahrgenommen zu werden, das wirkt sich positiv aus. Die neue Tribüne macht uns attraktiver. Es sind also sehr viel Dinge, die dazu beitragen, dass die Kickers wieder interessanter sind.
Gibt es denn einen Aspekt, von dem Sie sagen würden, es wäre sogar ein Vorteil, noch ein Jahr dritte Liga zu spielen?
Nein. Es ist für jeden Verein ein Vorteil, wenn er aufsteigt, weil er dann einen anderen Handlungsspielraum besitzt. Ich will aber nicht von einem Muss sprechen. Wir wollen immer eine Mannschaft aufbauen, die so stark wie möglich ist. Im Sommer ist es im Rahmen unsere Möglichkeiten gelungen, einen sehr guten Kader zusammenzustellen. Es ist klar, dass wir mit unserem Etat im hinteren Drittel der Liga liegen, das darf man nicht vergessen. Im nächsten Jahr haben wir zwar ein paar Euro mehr zur Verfügung, aber durch die sportliche Entwicklung werden sich auch die Spielerverträge anpassen, sodass der Handlungsspielraum nicht viel größer ist. Wir sind dafür etwas attraktiver für neue Spieler, weil sich die Art und Weise wie wir spielen herumgesprochen hat, sodass wir vielleicht den einen oder anderen bekommen, den wir zuvor nicht bekommen hätten.
Trotz des kleinen Etats ist es für die Kickers aber kein Thema, die zweite Mannschaft abzumelden, wie es inzwischen etliche Konkurrenten tun?
Im Gegenteil. Wir werden noch mehr in die Jugend und die U 23 investieren, weil der Übergang von den A-Junioren in die erste Mannschaft sehr schwierig ist. So gibt man die Zeit, diesen Wechsel zu vollziehen und selbst die Hand auf der Ausbildung zu haben. Es ist ja vielleicht sogar ein Vorteil, dass viele Vereine abmelden, weil wir uns dann bei denen bedienen können. Für mich ist es wichtig, seine eigene Linie zu finden.
Was heißt das?
Dass wir ein Verein sind, der auch eine Verantwortung gegenüber seinen Jugendlichen hat. Ich finde es fast schon skandalös, dass viele Clubs ihre zweite Mannschaften abmelden. Was passiert mit deren Spielern? Wir sollten uns als soziale Einheit verstehen und den Jugendlichen in den eigenen Reihen eine Perspektive geben. Diese Entwicklung ist traurig und zeigt, dass einige Verantwortliche den Vereinsgedanken nicht begriffen haben. Das erzeugt bei mir nur Kopfschütteln.
Der VfB hat immerhin schon betont, weiter auf seine zweite Mannschaft zu setzen, sodass es nächstes Jahr auf jeden Fall wieder ein Derby gibt. Welche Rolle spielt denn das 1:5-Debakel aus der Hinrunde?
Die Mannschaft hat das Bewusstsein, dass sie im Hinspiel 1:5 verloren hat, aber sie hat keine Revanchegelüste. Sie möchte einfach die Aufgabe viel besser machen, als letztes Mal. Wir waren damals in der zweiten Halbzeit nicht so vorbereitet auf die Qualität, die beim VfB von oben kam und das Niveau hob. Wir sind auf jeden Fall gewarnt und wie immer topmotiviert.