Können Sie in der Bildungspolitik überhaupt Punkte machen, angesichts der Streichung von 11 600 Lehrerstellen bis 2020?
Die Stellenstreichungen sind natürlich eine Belastung. Wir haben aber in Baden-Württemberg angesichts des jahrzehntelangen Zuwenig-Tuns einen Reformstau. Seit Jahren sterben die Schulen schleichend. Bisher ist das nach dem Zufallsprinzip passiert. Nun suchen wir gemeinsam mit den Schulträgern die richtigen Antworten. Für diese Strukturreform sind zusätzliche Ressourcen nötig. Da ist es belastend, wenn gleichzeitig Lehrerstellen gestrichen werden sollen. Hinzu kommt, dass wir das Großprojekt Inklusion umsetzen und den Ausbau von Ganztagsschulen vorantreiben sollen. Dennoch kann sich angesichts der Schuldenbremse 2020 auch der Bildungsbereich der allgemeinen Spardebatte nicht entziehen. Ich sage aber deutlich, meine Aufgabe als Kultusminister ist es, die hohe Qualität des Bildungssystems zu bewahren und die Reformbemühungen erfolgreich umzusetzen.

Stehen Ihre Reformbemühungen nicht im Schatten dessen, dass sie als roter Sparkommissar wahrgenommen werden?
Natürlich belastet jede Spardiskussion die Bereitschaft zur Umsetzung von Reformen. Dennoch sind manche öffentlichen Angriffe unverhältnismäßig. Schließlich geht es uns vor allem darum, den Pflichtunterricht zu sichern. Dafür haben wir die Krankheitsreserve aufgestockt, bei der das Land sehr schlecht dastand. Um den Sparauflagen zu genügen, haben wir dann bei der Entlastung der Lehrer für Zusatzaufgaben gekürzt.

Ist die Zahl 11 600 noch nicht das letzte Wort?
Man ging davon aus, dass angesichts der Schülerrückgänge diese Lehrerstellen gestrichen werden könnten ohne dass die Qualität des Unterrichts beeinträchtigt werden würde. Wir werden jedes Jahr zu überprüfen haben, ob dieser Anspruch gehalten werden kann.

Wie ist der Stand bei der regionalen Schulentwicklung? Wann kommt der Gesetzentwurf?
Er ist in der Abstimmung. Nach der jetzigen Planung geht die Vorlage Anfang Juli ins Kabinett und wird dann auch beschlossen werden.

Woran hakt es noch?
Es hakt nicht. Wir müssen einige komplizierte Fragen beantworten. Wir wollen, dass der Hauptschulabschluss an Realschulen gemacht werden kann. Dazu braucht man Konzepte. Das Curriculum muss überprüft werden. Es muss geklärt werden, wie der Abschluss aussehen soll, ob das Übergangszeugnis von Klasse neun genügt, oder eine Prüfung nötig sein wird.

Wann wird in Baden-Württemberg die letzte Hauptschule schließen?
Die Haupt- und Werkrealschulen machen hervorragende Arbeit. Dennoch sehen die Eltern diese Schule oft nicht als die richtige für ihre Kinder an, weil sie einen Realschulabschluss für sie anstreben. Es ist wahrscheinlich, dass die Zahl der Werkrealschulen in den nächsten Jahren stark zurückgeht.

Es kann sich auch wieder mehr Zulauf ergeben, wenn die Kinder, die jetzt mit Hauptschulempfehlung auf die Gymnasien gehen, wieder zurückgeschickt werden.
Im bisherigen System wäre es in der Tat so, dass ein Kind, das das Klassenziel auch bei Wiederholung nicht erreicht, die Schule nicht halten kann. Wir gehen aber nicht richtig mit den Kindern um, wenn wir sie immer weiter nach unten durchreichen. Es müsste so sein, dass an jeder Schule jeder Schüler individuell so gefördert wird, dass er die Leistungsziele erreichen kann.