In der Diskussion um die Einsparung von 11600 Lehrerstellen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, sagt Andreas Stoch im StZ-Interview. Er will die Sparvorgaben jedes Jahr überprüfen, denn die Qualität des Unterrichts dürfe keinesfalls leiden.

Stuttgart -Die Bildungspolitik steht immer in der Kritik, doch der Kultusminister findet manche Angriffe unverhältnismäßig. In Zukunft will er deutlicher machen, warum bestimmte Reformen gemacht werden.
Herr Stoch, die SPD schwächelt in Umfragen, die Bildungspolitik kommt besonders schlecht weg. Wie oft haben Sie schon bereut, dass Sie den Job des Kultusministers übernommen haben?
Ich habe es bisher nicht bereut Kultusminister zu sein. Dass die SPD beim schwierigen Thema Bildungspolitik im Moment nicht übermäßig gut bewertet wird, ist sicherlich auch eine Bestätigung dafür, dass die Fraktion reagiert und mir den Posten übertragen hat. Ich habe mir vorgenommen, dass wir die vielen Aufgaben im Bildungsbereich jetzt strukturiert und schrittweise angehen. Wir wollen, dass den Menschen in Baden-Württemberg klar wird, wohin die Reise geht und warum die einzelnen Maßnahmen ergriffen werden. Es geht insbesondere darum, auf den demografischen Wandel zu reagieren und mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen.

Die GEW ist kritisch, der Verein länger gemeinsam lernen zweifelt an der Umsetzung der Gemeinschaftsschule. Geht es auch ohne diese früheren Unterstützer?
Es ist ganz wichtig, dass Bildungspolitik Unterstützung aus dem gesamten Feld der Gesellschaft findet. Wir sind natürlich in engem Kontakt mit den Lehrergewerkschaften, aber auch mit Industrie und Wirtschaft, insgesamt mit allen gesellschaftlichen Kräften, die an einer guten Entwicklung unseres Bildungssystems interessiert sein müssen. Es ist außerdem beileibe nicht so, dass wir für alles was wir tun, kritisiert werden. Hier scheint vor den Personalratswahlen ein Wettbewerb der Kritik zu entbrennen. Das bedaure ich. Das überdeckt auch, dass viele unserer Entscheidungen die Zustimmung der Lehrergewerkschaften finden. Das gilt auch für die GEW.

Wofür werden Sie gelobt?
Viele gesellschaftliche Gruppen vom Handwerk bis zu den Industrie- und Handelskammern unterstützen etwa die Einführung der Gemeinschaftsschule. Es besteht die Überzeugung, dass im bisherigen System nicht alle Kinder die gleichen guten Chancen hatten. Deswegen suchen wir einen besseren Weg. Wir dürfen kein Kind zurücklassen. das ist wichtig für unsere Gesellschaft und auch für die Wirtschaft.

Dann würde es sich doch anbieten, die neuen Lernformen gleich von der ersten Klasse an einzuführen.
Das stimmt. Aber viele Grundschulen nutzen heute schon die Elemente der individuellen Förderung und des Lernens in Gruppen. Es ist letztlich notwendig, Kinder von Grund auf an diese neuen Lernformen zu gewöhnen, damit wir keine Zäsur zwischen Grundschule und weiterführender Schule haben.