Viele Vereine haben Angst vor einer Überforderung und wissen nicht, wie sie das alles stemmen sollen. Schon jetzt klagen Vereinsvertreter, dass sie immer weniger Mitglieder finden, die bereit sind, Teile ihrer Freizeit für ehrenamtliche Arbeit zu geben.
Ich höre oft von Verantwortlichen: Integration, Inklusion, Ganztagesbetreuung – was sollen wir denn noch alles machen? Die Herausforderungen sind ohne Zweifel groß. Die Antwort kann nur heißen: Die Vereine müssen in einigen Bereich verstärkt zusammenarbeiten, sei es bei administrativen Dingen wie Mitgliederverwaltung, aber auch bei ihren Angeboten. Nicht jeder Verein kann alles machen. Es gibt einfach zu wenig Kinder, um so weiterzumachen wie bisher. Nur wenn wir uns umstellen, haben wir Zukunft. Ich habe aber keine Angst: Die Vereine sind schon immer stark im Wandel gewesen und haben sich zu jeder Zeit als anpassungsfähig erwiesen.
Ist die Ganztagesschule eine Zäsur für die Sportlandschaft?
Nicht nur für die Sportvereine, sondern für alle Organisationen. Wir alle müssen uns auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen. Aber es muss auch klar sein: Das Rückgrat der Bürgergesellschaft, die ja mittlerweile alle Parteien für sich entdeckt haben, sind Vereine – Sportvereine, Musikvereine und so weiter. Und wenn ich die Bürgergesellschaft in dieser Form erhalten will, muss ich investieren. Uns gibt es nicht zum Nulltarif.
Womit wir beim Geld sind.
Die Vereine sind nicht die Billigheimer der Nation. Wir sind auch nicht der vierte Arbeitsmarkt der Republik. Unsere Vereine leisten außergewöhnliches bürgerschaftliches Engagement in Form des Ehrenamts, aber wir brauchen für die Herausforderungen der Zukunft, speziell eben der Ganztagesschule, auch die entsprechende Vergütung. Der Verein muss garantieren, dass der Trainer oder Übungsleiter, aber auch ein fest angestellter Sportlehrer im Verein, gut ausgebildet ist und verlässlich in die Schule kommt.
Ein anderes finanzielles Problem sind die Sportstätten. Auf 42 Milliarden Euro schätzt der Deutsche Olympische Sportbund bundesweit den Investitionsbedarf bei den kommunalen Sportstätten.
Wir schieben einen gewaltigen Sanierungsstau vor uns her. Zum einen muss, wer Ganztagesschule sagt, die Voraussetzungen schaffen. Andererseits sind viele Sportstätten völlig unzureichend. Wir benötigen dringend ein Sonderprogramm für die energetische Sanierung der Sportstätten im Land. Die dafür bereitgestellten zwölf Millionen Euro jährlich sind viel zu wenig für die Kommunen, deren Sportstätten wir ja mitnutzen. Wir bräuchten mindestens 24 Millionen. Gleiches gilt für den Vereinssportstättenbau, für den noch einmal 20 Millionen nötig wären, damit der Antragsstau abgebaut werden kann.
Das Geld muss irgendwo herkommen.
Im Grunde ist es einfach: Wenn ich etwas für die Gesundheit der Bevölkerung tun will, das hohe Niveau der Sportvereine halten will, wenn ich bürgerschaftliches Engagement, das in keinem Bereich so ausgeprägt ist wie im Sport, fördern will, muss mir das auch was wert sein.
Die Botschaft ist nicht neu. Und doch dringen die Sportorganisationen damit nicht durch. Sie waren selbst viele Jahre in der Politik: Warum kommt sie nicht an?
Politiker und Politikerinnen schmücken sich gerne mit Medaillengewinnern, aber sie haben oft nicht durchdrungen, was dahinter stehen muss, damit es Medaillen gibt. Breitensport, Nachwuchssport, Vereine. Selbstkritisch müssen wir sagen, dass wir es nicht immer geschafft haben, diese Botschaft zu transportieren. Andererseits ist es auch so, dass die Menschen zu uns kommen, weil sie Sport treiben wollen, nicht, weil sie sich politisch engagieren möchten. Das schränkt die Lobbyarbeit natürlich ein. Der Sport ist politisch gesehen nach wie vor ein schlafender Riese. Mit einer Ausnahme: im Bereich der Ganztagesschule war der Sport der Erste, der mit dem Land eine Rahmenvereinbarung geschlossen hat.