Die Schauspielerin Marie Bäumer über ihre Heldin Pippi Langstrumpf, ihren Beruf und die Rolle als Romy Schneider.

Berlin - Das Thema Romy Schneider verfolgt Marie Bäumer, seit sie erstmals als Schauspielerin in die Öffentlichkeit getreten ist. Die Ähnlichkeit ist erstaunlich. Bisher lehnte die 48-Jährige alle Angebote, die Filmikone zu spielen, ab. Im Schwarz-Weiß-Drama „3 Tage in Quiberon“ (Start 12. April) ist sie nun doch in dieser besonderen Rolle zu sehen.

 

„Ich konnte mich dieser Ikone nur über die Distanz nähern“

Frau Bäumer, war es besser Romy Schneider jetzt zu spielen als zu Beginn Ihrer Karriere?
Das spielt keine Rolle. Denn für mich war Romy Schneider nie so ein Thema wie für die Presse. Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern, was mir da alles an Identifikationsthemen angehängt wurde. Aber für mich existieren diese Themen nicht. Ich werde sehr oft mit ihr verglichen und es nervt mich auch nicht, weil es letztendlich ein Kompliment ist. Es gibt wirklich Schlimmeres. Mich erstaunt nur diese Häufigkeit. Irgendwann muss sich das Thema ja einmal erschöpft haben.
Warum haben Sie die Rolle jetzt gespielt?
Die Idee kam von einem französischen Produzenten. Der wollte wissen, ob das Thema nun endgültig für mich ist. Und ich habe gesagt, ein Biopic mit ihrer ganzen Lebensgeschichte würde ich nie spielen.
Warum nicht?
Als Schauspielerin eine Schauspielikone zu interpretieren, damit kann man nur gegen die Wand fahren. Denn man will ja eigentlich das Original, den wirklichen Star sehen. Aber wenn es darum geht, eine Verdichtung am Ende ihres Lebens zu zeigen, kann man darüber sprechen. Und so nahm dieses Projekt dann sehr schnell Gestalt an. Bis zu den Dreharbeiten hat es dann ja trotzdem noch drei Jahre gedauert. Und in dieser Zeit hatte ich dann fast völlig verdrängt, dass es sich um Romy Schneider handelt. Und dann kam das plötzlich wie ein Donnerschlag und ich dachte: Mein Gott, was hat dich denn da geritten?
Wie haben Sie sich vom Donnerschlag befreit, um sie unbefangen spielen zu können?
Indem ich nicht so nah an sie ran gegangen bin. Ich konnte mich dieser Ikone nur über die Distanz nähern. Was die Äußerlichkeiten angeht, wollte ich mit ein paar feinen Strichen arbeiten. Ein bisschen habe ich auch mit ihrer Sprache gearbeitet. Und das hat dann Spaß gemacht, weil es in den Imitationsbereich geht. Da war ich dann ganz das Kind, dass sich eine Salatschüssel auf den Kopf setzt und den Kochlöffel an den Gürtel steckt und sagt: Ich bin Robin Hood. Ich spiele jetzt mal Romy Schneider, mit diesem nervösen Rauchen und anderen sich wiederholenden Gesten. Aber an einer gewissen Stelle war Schluss. Denn da musste ich frei sein im Spielen. Das Thema des Filmes kann ja nicht sein, wie gut ich Romy Schneider kopiere. Das wäre furchtbar.

„Romy Schneider ist völlig schutzlos in Interviews hineingegangen“

Romy Schneider konnte als Künstlerin keine Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem ziehen. Wie haben Sie das gelernt?
Ich bin ganz organisch in diesen Beruf hineingewachsen und war nicht schon mit vierzehn Jahren eine Art Popstar. Romy Schneider hatte kein Über-Ich und ist völlig schutzlos in Interviews hineingegangen. Ihren Konflikt mit der deutschen Kritik und der Öffentlichkeit wollte sie über die Presse lösen, was der totale Wahnsinn ist. Für mich gab es immer diese Grenze. Und die habe ich ganz instinktiv gezogen, die musste mir keiner erklären.
War Romy Schneider ein Thema in Ihrer Jugend?
Nein. Sie hatte auch nichts mit meinem Wunsch, Schauspielerin werden zu wollen, zu tun. Der Grund für meinen Berufswunsch war ein kleines Kino mit zwei Sälen in Hamburg-Blankenese. Das gibt es übrigens immer noch. Und ich würde so gerne den Besitzer mal treffen, um ihm zu sagen, dass er dafür verantwortlich ist, dass ich in diesem verrückten Beruf arbeite. Da habe ich meine ersten Filme gesehen. Meine Heldin war Pippi Langstrumpf. Da wollte ich hin, mit einem Pferd im Haus leben und Männer hoch heben können. Ich wollte so stark sein, dass ich die Welt aus den Angeln heben kann.
Warum sind Sie so gerne ins Kino gegangen?
Wir hatten zu Hause keinen Fernseher. Und dann bin ich mit meiner Schwester immer für drei Mark ins Kino gegangen und habe „Pippi Langstrumpf“-Filme gesehen. Das war großartig. Nach „Pippi in Taka-Tuka- Land“ habe ich allerdings drei Wochen nicht geschlafen, weil das so spannend war mit dem Vater. „Pippi außer Rand und Band“ war besser für meine Nerven.
Sie leben in einem französischen Dorf in der Nähe von Avignon. Wo geht man dort ins Kino?
Ins Utopia in Avignon. Die zeigen so viele tolle Sachen. Ich warne die schon einmal. Wenn die unseren Film nicht zeigen, bin ich ganz beleidigt.
Warum sind Sie nach Frankreich gezogen?
Aus Liebe zum Land. Ich habe mit siebzehn eine Radtour durch die Bretagne gemacht. Dann folgten Touren durch die Normandie und Südfrankreich. Avignon kannte ich von einer Klassenreise. Irgendwann dachte ich: Da will ich leben. Es hat zwar siebzehn Jahre gedauert, aber dann bin ich hingezogen. Das war schon ein großer Schritt, vom Hamburger Zentrum in ein Mini-Dorf.