Am Mittwoch präsentieren die Intendantinnen der Rampe ihr Saisonprogramm. Was die beiden mit dem Theater vorhaben, erzählen sie im StZ-Interview.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Marie Bues und Martina Grohmann haben die Leitung des Theaters Rampe übernommen. Vor der neuen Saison verraten sie, was sie mit der Bühne am Zahnradbahnhof vorhaben.

 
Frau Bues, Frau Grohmann, Sie sind schon mitten in den Planungen. Ist das Idealismus – oder verdienen Sie schon Geld dabei?
Grohmann Der Vertrag hat im August begonnen. Wir haben aber schon davor Vorarbeit geleitet. Die haben wir auf unsere Kappe genommen.
Sie wohnen beide bereits in Stuttgart?
Bues Ja, schon seit fast einem Jahr. Ich habe in der Spielzeit noch fünf Inszenierungen gemacht – über ganz Deutschland verteilt. Das war parallel zur Vorbereitung ganz schön anstrengend.
Wie plant man seine erste Spielzeit? Vom Einzelnen zum Ganzen – oder hat man ein Ziel, das man dann umzusetzen versucht?
Grohmann Hin und zurück würde ich sagen. Wir haben schon in unserer Bewerbungsphase einen theoretischen Plan, ein Konzept entworfen, wie das Theater auszusehen hat. Das bringen wir dann in die Gespräche mit unseren Künstlern ein. In den meisten Fällen spielt man sich dann die Bälle zu und es wird fruchtbar.
Was sah das Konzept bei der Bewerbung vor?
Grohmann In der Ausschreibung ging es um die Weiterführung des Autorentheaters. Das hat uns auch interessiert, allerdings haben wir genauer nachgedacht: Was bedeutet Autorentheater überhaupt noch? Was ist die Funktion eines Autors? Wie kann man, nachdem die Gegenwartsdramatik stark von den Stadttheatern übernommen wurde, neue Wege einschlagen? Wer erzählt heute die Geschichten über eine Gesellschaft?
Bues Ganz praktisch gesprochen gibt es Autoren, die enger am Theaterprozess beteiligt sind, die etwas für uns schreiben, aber auch in der Stadt recherchieren. Die Autoren sollen persönlicher an die Rampe und an die Stadt gebunden sein.
Auf welchen Feldern wird recherchiert?
Grohmann Wir haben ein großes Rechercheprojekt, das noch gar nicht an Inszenierungen angebunden ist zu „Bouvard et Pécuchet“. Das ist ein Roman von Flaubert, ein monströses Werk, das von der Kritik in der Luft zerrissen wurde, weil es als wahnsinnig verstaubt und langweilig abgetan wurde. Er hat versucht, eine Universalenzyklopädie des Wissens seiner Zeit zu verarbeiten – satirisch. Zu den verschiedenen Kapiteln bringen wir Künstler und Wissenschaftler zusammen, die sich an Naturwissenschaften, an Schnapsbrennerei, an Philosophie, Religion und Gymnastik abarbeiten werden.
Die Autoren gehen in Gymnastikgruppen?
Grohmann Das bisherige Extrazimmer wird der Arbeitsraum, in dem diese Begegnung zwischen einem Experten aus Stuttgart und dem Autor stattfinden soll. Am Schluss gibt es eine Arbeitspräsentation, die ergebnisoffen ist. Die Begegnung darf auch scheitern. Das ist das Herzstück der Rampe, dieses experimentelle Theaterlabor wird öffentlich zugänglich sein, so dass man etappenweise den Diskussionsstand beobachten kann.
Es heißt aber weiterhin Theater Rampe?
Grohmann Ja. Aus dem Labor heraus werden wir die Themen suchen, die auf der Bühne eine Rolle spielen. Wir wollen Theater wieder stärker als Prozess begreifen, in den der Zuschauer auch mit eingebunden werden kann. Mit dem Labor geben wir ihm die Möglichkeit, die Entstehung von Stoffen mit zu verfolgen.