14 Jahre ist es her, dass Matt Damon für „Die Bourne Identität“ erstmals in die Rolle des Geheimagenten mit den Gedächtnislücken schlüpfte und nebenbei das Actionkino revolutionierte. Nun kehrt er für „Jason Bourne“ in die Rolle zurück, die er eigentlich schon an den Nagel gehängt hatte – und stand uns leicht ergraut, aber gut gelaunt Rede und Antwort.

Herr Damon, haben wir das nach dem dritten „Bourne“-Film 2007 falsch verstanden? Eigentlich hatten Sie diese Geheimagenten-Rolle doch hinter sich lassen wollen . . .
Zumindest vorübergehend. Aber ich hatte den Abschied von Bourne nie zwingend als endgültig verstanden. Auch mit Regisseur Paul Greengrass habe ich immer mal wieder darüber gesprochen. Allerdings waren wir skeptisch, ob uns noch mal eine Geschichte einfällt, die es sich zu erzählen lohnt.
Zwischenzeitlich war dann ja Ihr Kollege Jeremy Renner in „Das Bourne Vermächtnis“ zu sehen. War das kein Problem?
Überhaupt nicht. Das produzierende Studio musste einen weiteren „Bourne“-Film in die Kinos bringen, sonst hätte es die Rechte an den Romanen von Robert Ludlum verloren. Paul und ich konnten damals keinen drehen, also behalfen sie sich anders. Das war ja auch kein Ersatz für unseren Jason Bourne, sondern lediglich eine weitere Geschichte aus der gleichen Geheimdienstwelt. Da gibt es schließlich noch andere Figuren, von denen man erzählen kann. Doch je mehr verstrich, desto häufiger kamen die Nachfragen, ob wir es nicht doch noch einmal versuchen wollen.
Sie erfüllen mit „Jason Bourne“ nun also die Wünsche der Zuschauer?
Ich habe „Jason Bourne“ auf jeden Fall für das Publikum gedreht. Denn in meiner Karriere stand ich schon für so viele Filme vor der Kamera, die am Ende quasi keiner gesehen hat, dass ich es sehr zu schätzen weiß, wenn die Fans geradezu einen Film einfordern. Das ist ebenso selten wie wundervoll. Und ich finde wirklich nichts verwerflich daran, einen Film vor allem deswegen zu drehen, weil er den Leuten Spaß machen soll.
Wobei doch auch in diesem Film wieder einiges an Politik steckt.
Dieser Aspekt war uns in der Tat immer wichtig, und sicherlich hat es auch deswegen eine ganze Weile gedauert, bis wir wieder eine passende Geschichte hatten. Die ersten drei Filme spielten ja letztlich noch in einer vollkommen anderen Zeit: Das war die Welt direkt nach dem 11. September, es ging um das Amerika von George W. Bush und den „war on terror“. Auch nun geht es uns wieder darum, die Realität abzubilden, auch wenn wir natürlich eine fiktive, leicht überhöhte Version davon zeigen. Deswegen beginnt „Jason Bourne“ an der griechisch-mazedonischen Grenze, die von so vielen Flüchtenden überquert wird. Über allem schwebt dabei die Frage von Privatsphäre und Datenschutz auf der einen und globaler Sicherheit auf der anderen Seite. Das ist schließlich die ganz große Debatte unserer Zeit.
Nutzen Sie denn noch ein ganz normales E-Mail-Programm, oder haben Sie auch Angst, gehackt zu werden?
Nein, ich schreibe natürlich auch nach den Enthüllungen von Snowden und Co. weiterhin E-Mails. Aber ich fürchte, dass da nur ziemlich langweiliges Zeug drinsteht. Sollte also jemand mitlesen, dürfte der relativ enttäuscht und gelangweilt sein.
Der technische Fortschritt der letzten Jahre ist Ihnen also nicht ausschließlich suspekt?
Mein Smartphone hat mich genauso sehr im Griff wie anscheinend alle anderen Menschen auch. Ich habe es ständig bei mir – und irgendwie hängt mehr oder weniger mein ganzes Leben dran. Ich brauche es für meinen Arbeitsalltag genauso wie um mit meinen Kindern in Kontakt zu bleiben, wenn ich nicht zu Hause bin. Das will ich nicht missen, aller Privatsphäre-Diskussionen zum Trotz. Fernhalten tue ich mich nur von sozialen Medien. Auf Twitter oder Facebook sucht man mich deswegen bis heute vergeblich.
Sie klingen nicht wie ein Schwarzmaler . . .
Das bin ich auch nicht. Eigentlich würde ich mich als Optimisten bezeichnen. Gerade wenn es darum geht, was uns als Menschheit erwartet. In den letzten paar Hundert Jahren hat sich die Lebensqualität der Menschen ja immer weiter gesteigert, und ich setze darauf, dass neue Technologien diesen Trend noch weiter fortsetzen. Aber natürlich habe ich keine Ahnung. Genauso gut kann es auch sein, dass unsere Zukunft die reinste Hölle wird.
Blicken Sie so positiv auch auf das Alter? Die körperlichen Anforderungen in „Jason Bourne“ fielen Ihnen sicher nicht mehr so leicht wie beim ersten Teil vor rund 15 Jahren.
Was für eine Frage! Natürlich, schließlich war ich damals noch keine 30! Heute bin ich 45 Jahre alt, und selbstverständlich hat mein Körper mit dem Alter zu kämpfen. Wäre ja seltsam wenn nicht . . .
Aber warum tun Sie sich solche Strapazen überhaupt noch an?
Die Motivation kann ich – vor allem in diesem Fall – ganz leicht erklären. Bei Jason Bourne war einfach klar, dass dieser Mann nach zehn Jahren im Untergrund und auf der Flucht nicht aussehen kann, als hätte er es sich gut gehen lassen. Authentizität wurde bei den „Bourne“-Filmen schließlich immer großgeschrieben. Also hieß es für mich: runter mit den Pfunden und ab ins Fitness-Studio.
Macht Ihnen Sport keinen Spaß?
Jeden Tag trainieren, manchmal sogar zweimal? Das ist normalerweise nicht so meins. Ich fühle mich eigentlich ganz wohl in meiner Haut, ganz gleich ob ich ein paar Kilo mehr oder weniger drauf habe. Ich war noch nie jemand, der das Fitnessstudio brauchte, um glücklich zu sein.
Dank des Filmemachens kommen Sie auch herum in der Welt. Für „Jason Bourne“ waren Sie wieder einmal in Berlin.
Stimmt, allerdings nicht mal für eine Woche, denn überwiegend haben wir in London und Las Vegas gedreht. Aber ich habe mich trotzdem riesig gefreut, wieder mal zurück in Berlin zu sein.
Werden wir Bourne ein weiteres Mal wiedersehen?
Mal sehen. Erst einmal gucken, wie dieser Film ankommt, dann sehen wir weiter. Ich bin mir sicher, dass Paul Greengrass jetzt erst einmal wieder ein oder zwei ganz andere Geschichten erzählen will. Aber wer weiß, ob Jason Bourne danach nicht doch wieder gebraucht wird, um die Welt vor einem Präsidenten Trump zu retten.
Fürchten Sie wirklich, er könnte Präsident werden?
Die Sorge habe ich durchaus. Nachdem die Briten nun für den Brexit gestimmt haben, halte ich endgültig alles für möglich. Das war nämlich ein richtiger Schock, damit hatte ich trotz der knappen Umfragen im Vorfeld nicht wirklich gerechnet. Doch dadurch wird Trumps politischer Aufstieg jetzt umso greifbarer. Denn die Wut und die Angst, die Wähler anscheinend umtreiben, sind überall auf der Welt gleich. Vor einem Jahr hätte das noch niemand gesagt, doch mittlerweile halte ich einen Präsidenten Trump für ein vollkommen realistisches Szenario.
Welche Konsequenzen würden Sie denn daraus ziehen?
Puh, keine Ahnung. Vielleicht komme ich doch noch einmal nach Berlin?