Was hat sich durch den Weggang von Ross Brawn verändert.
Das System, das es vor meinem Kommen im vergangenen Jahr gab, war, dass er als Team-Prinzipal für jede Entscheidung verantwortlich war. Wir haben uns die Arbeit im Januar 2013 aufgeteilt. Ross hat das technische und sportliche Thema übernommen, und alles andere hat er mir überlassen. Wir haben also die klassische Rolle des Teamchefs aufgesplittet, weil das alte Verfahren nicht mehr zeitgemäß ist. Früher hatten die großen Rennteams 100 oder 200 Mitarbeiter, heute sind wir in Brackley und Brixworth eine Mannschaft mit mehr als 1000 Mitarbeitern. Das lässt sich nicht mehr mit einem solaren System managen, in dem es nur einen gibt, der alles weiß.
Und wer ist für die Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton zuständig?
Paddy und ich, also beide. Paddys Ansatz ist sachlich, technisch und von Daten gesteuert. Für die menschliche Seite bin eher ich zuständig. Diese Kombination ist gut.
Müssen Sie die selbstbewussten und sicher auch sensiblen Piloten mit Samthandschuhen anfassen?
Beide sind ganz unterschiedliche Typen, die auch ganz unterschiedlich angefasst werden müssen. Alles, was wir hier vorbereiten, setzen die beiden um, und sie sind zudem unsere prominentesten Sprachrohre. Deshalb müssen Nico und Lewis funktionieren, sie sind unsere größten Investments. Und deshalb ist diese zwischenmenschliche Komponente sehr wichtig.
Was sind das für zwei Rennpferde, die sie da im Stall haben.
Wie gesagt: sie sind sehr unterschiedlich. Sie kennen sich seit einer Ewigkeit, sind schon mit 14 Jahren im Go-Kart gegeneinander gefahren. Sie necken sich wie zwei alte Schulfreunde, jeder kennt vom anderen die Stärken und Schwächen. Lewis ist ein Instinkt getriebener, unheimlich talentierter Rennfahrer, der sein Können auf einer Runde zeigen kann wie kein anderer. Er ist sehr emotional gesteuert, und das ermöglicht es ihm, außerordentliche Leistungen abzurufen. Außerdem hat Lewis gemerkt, dass man in diesem Jahr wesentlich mehr Arbeit reinstecken muss, um zu verstehen, wie das Auto funktioniert. Und das tut er auch.
Rosberg ist anders?
Nico ist ein akribischer Arbeiter. Alles muss bei ihm analysiert und vorbereitet werden. Er hat sich ein Umfeld geschaffen, das inspirierend ist. Es gibt da nur das Rennfahren, und es interessiert ihn auch nichts anderes.
Was ist das denn für ein junger Mann!
Mich beeindruckt, wie fokussiert er ist. Jeder hat Interessen und Hobbys, der eine läuft, der andere fährt Rad und ein weiterer hat seine Spinnereien mit irgendwelchen Damen oder was auch immer. Aber das alles verwässert das Ziel. Und das Ziel ist, Weltmeister zu werden – für Nico und für uns. Bei ihm gibt es keine Nebengeräusche. Dabei ist er in Monaco als Sohn eines Formel-1-Weltmeister groß geworden, da hätte sich auch ein ganz anderer Charakter herausbilden können. Einer der unglaublichsten Momente war für mich, als Lewis 2013 in Ungarn gewann und Nico mit einem Motorschaden ausfiel. Nur Minuten nach dem Rennen lief er mir über den Weg und sagte: ,Für unser Team ist das super!’
Gibt es auch Spannungen zwischen den beiden Piloten?
Ja, aber in einem gesunden Ausmaß. Dadurch, dass sie sich so lange kennen und respektieren, gehen sie fair miteinander um – und es werden auch keine kleinen dreckigen Spiele gespielt. Was in anderen Teams in der Vergangenheit hin und wieder vorgekommen ist, findet bei uns also nicht statt. Und wenn es so wäre, dann würden wir es unterbinden.