Stuttgarts Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) kritisiert im StZ-Interview das lange Zögern der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik und erläutert, wie Stuttgart mit der steigenden Zahl der Flüchtlinge umgehen will.

Stuttgart – - Zahlen sind sein Metier. Seit einigen Monaten muss sich Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) aber nicht nur mit Haushaltsfragen, sondern vor allem mit der rasant steigenden Zahl an Flüchtlingen beschäftigen. Im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung fordert Föll eine dauerhafte finanzielle Unterstützung des Bundes für die Kommunen und kritisiert Berlins späte Reaktion.
Herr Föll, in diesen Zeiten müssen Sie froh sein, dass Sie nicht Bürgermeister in München, sondern in Stuttgart sind.
Ich bin sicher, dass die Aufgabe, die Flüchtlingsströme zu bewältigen, in München genauso anspruchsvoll ist wie in Stuttgart. Aber ich bin zugegebenermaßen lieber Bürgermeister in Stuttgart.
München hatte in den letzten Wochen die Ankunft von Zigtausenden von Asylsuchenden zu bewältigen. In Stuttgart geht’s noch immer vergleichsweise kommod zu. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Man muss vor den Herausforderungen, die München zu bewältigen hat, wirklich den Hut ziehen und großen Respekt haben, wie die Stadt und die Bürger das hinbekommen. Aber auch wir haben eine große Aufgabe zu meistern, wenn auch nicht in der Dimension wie München. Seit August werden uns monatlich etwa 600 Flüchtlinge zugewiesen, und ich gehe davon aus, dass die Zahl in den kommenden Monaten nicht signifikant sinkt. Das ist für eine Stadt wie Stuttgart, in der Wohnraum ohnehin knapp ist, eine enorme logistische Herausforderung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir menschenwürdige Unterkünfte zur Verfügung stellen und nicht auf Turnhallen oder Zelte ausweichen müssen.
Haben Sie denn noch Reservegrundstücke für den Bau provisorischer Flüchtlingsunterkünfte oder städtische Immobilien, die als Quartiere dienen könnten?
Wir müssen zwischen rasch verfügbaren Unterkunftsplätzen und Systembauten, die erst in zehn Monaten verfügbar wären, unterscheiden. Kurzfristig helfen uns neue Standorte für Systembauten nicht weiter. Wir brauchen aber dauerhaft auch weitere Standorte für Systembauten. Ich bin zuversichtlich, dass wir das Ziel der Schaffung von weiteren 1600 Plätzen bis Ende 2016 – allerdings berechnet auf der Basis der alten Prognosen – erreichen können. Aber ich sage auch: die Eingriffe und Betroffenheiten an den Standorten werden jetzt größer sein, als das bei den bisherigen Unterbringungstranchen der Fall war.
Können Sie das konkretisieren?
Ich möchte da jetzt nicht spekulieren, weil die Prüfung der Standorte noch läuft.